DVB-S2X-Technologie

DVB-S2X ist die Erweiterung des etablierten Satellitenkommunikationsstandards DVB-S2 und reizt die Möglichkeiten der Satellitenkommunikation in vollem Umfang aus. Es verbessert die Leistungsfähigkeit und Bandbreiteneffizienz der Übertragung und ermöglicht so mehr Datendurchsatz bei gleicher Bandbreite. Außerdem bietet DVB-S2X zusätzliche Features für stabilere Kommunikationsverbindungen oder neue Anwendungen und flexiblere Nutzungsszenarien.

DVB-S2X-Features

Eine Vielzahl technischer Verbesserungen in DVB-S2X konzentriert sich darauf, die Leistungsfähigkeit und Bandbreiteneffizienz auf der physikalischen Übertragungsschicht (PHY) und auf Systemebene zu erhöhen:

 

VERBESSERUNGEN
NUTZEN UND ANWENDUNGEN
Erhöhte Granularität bei Modulation und Codierung (MODCODs) Bessere Ausnutzung des Übertragungskanals für Breitbandanwendungen
Zusätzliche Ausgangsfilter mit geringerem »roll-off« Verschafft Kapazitätsgewinne für die meisten Anwendungen durch bessere Ausnutzung des verfügbaren Spektrums
Höhere Modulationsschemata bis zu 256APSK Erweiterter Datenratenbereich, der gewinnbringend einsetzbar ist für Breitbandanwendungen über moderne High-Throughput-Satelliten (HTS) und für professionelles Bodenequipment mit größeren Antennen
MODCODs optimiert für lineare Satellitentransponder Höhere Kapazitäten im Frequenz-Multiplex-Betrieb, z. B. auf Transpondern im Rückkanal und stark fragmentierten »Leased Bandwidth«-Transpondern
Unterstützung von Ultra-Breitband-Trägern Erlaubt bei Breitbandanwendungen die Nutzung der gesamten Transponderbandbreite durch einen einzelnen Träger
Kanalbündelung Feature zur Effizienzsteigerung auf Systemebene, um die über mehrere Transponder verteilte Restbandbreite zu einem logischen Kanal zu bündeln
Verbesserte Unterdrückung von Störungen aus dem Nachbarkanal Höherer Datendurchsatz bei HTS-Satelliten
Höherer Multiplex-Gewinn Ein aus vielen Datenströmen bestehender »Multiplex« benötigt weniger Reserven um Kapazitätsspitzen abzufangen – breitere Transponder können effizienter genutzt werden

DVB-S2X bietet neben Leistungsverbesserungen auch einige Features auf Übertragungs- und Systemebene für neue Nutzungsszenarien oder Stabilitätsverbesserungen in existierenden Anwendungen, wie zum Beispiel einen Betriebsmodus mit sehr geringem Signal-Rausch-Verhältnis (VL-SNR) und eine neue effiziente Super-Frame-Struktur. Super-Framing ermöglicht neuartige Übertragungsverfahren wie Precoding und Beam-Hopping.

Das richtige Feature-Set finden und passend umsetzen

Wir am Fraunhofer IIS waren aktiv an der Entwicklung, Spezifikation und Validierung von DVB-S2X beteiligt. Auf Basis dieser Erfahrung entwickeln wir passgenaue Lösungen für DVB-S2X-basierte Empfänger und Systeme. Die Vielzahl an Features und die vielen möglichen Zielanwendungen und Services bringen einige Herausforderungen bei der Umsetzung des DVB-S2X-Standards mit sich. Je nach Anwendung gibt es vorgegebene, optionale, aber auch nicht anwendbare Features. In diesem Kontext ist DVB-S2X als Werkzeugkasten zu verstehen, der für verschiedenste Herausforderungen und Möglichkeiten die richtigen Instrumente bereithält. Bei der Implementierung von DVB-S2X gilt es zu entscheiden, welches Instrumentarium für die geplante Anwendung und den adressierten Markt geeignet ist.

Die DVB-S2X-Implementierung verkompliziert sich außerdem in Abhängigkeit vom Datendurchsatz, den ein Empfänger erreichen soll. Dabei wachsen die erforderlichen Empfänger-Ressourcen teilweise überproportional mit der Bandbreite des Trägers und dem Durchsatz. Es geht also nicht nur um die Frage, welche Features der Empfänger enthalten soll, sondern auch darum, welche Kompromisse zwischen Durchsatz und Komplexität der Implementierung gemacht werden können.

DVB-S2X-Testbed

Unser DVB-S2X-Testbed nimmt die komplette Übertragungskette in den Blick: Die Übertragung erfolgt von der Datenquelle zum Sender (Modulator) und weiter über eine emulierte Satellitenverbindung zu einem Empfangsterminal. Dort werden die Signale demoduliert, dekodiert und anschließend zur Auswertung an einen PC weitergeleitet. Das Testbed verfügt dabei über ein umfangreiches Monitoring- und Steuerungssystem zur Funktions- und Leistungsprüfung von Funkschnittstellen und Übertragungsverfahren. Um solche Tests durchzuführen, nutzen wir eine eigens entwickelte DVB-S2X-Empfängerimplementierung, die ein direktes Umschalten zwischen drei verschiedenen Betriebsmodi möglich macht.

Schematische Darstellung des DVB-S2X-Testbeds
© Fraunhofer IIS

Funktionen des DVB-S2X-Testbeds

  • Detaillierte Analysen der Funktions- und Leistungsfähigkeit von Funkschnittstellen und Übertragungsverfahren
  • Testen von DVB-S2X-Geräten und Nachweis der Kompatibilität mit der Spezifikation DVB-S2X Annex-E Super-Framing
  • Konfigurierbare Übertragungsszenarien (z.B. Überflug eines LEO-Satelliten) und automatisierte Messungen von Leistungswerten
  • Flexibles Multiplexing verschiedener Datenströme und -formate, z.B. Internet Protocol (IP) oder Transport Stream (TS)
  • Rückgekoppelte Verfahren zur automatischen Verbindungsoptimierung wie Vorverzerrung oder Adaptive Coding and Modulation (ACM)
  • Umschalten zwischen normaler kontinuierlicher Breitbandübertragung und Beam-Hopping-Übertragung (basierend auf Super-Frame Format 4 und 5)

 

Leistungswerte und Features des DVB-S2X-Testbeds

  • Ende-zu-Ende-Übertragung im L-Band mit Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 1,5 Gbit/s
  • Symbolraten von bis zu 400 MBaud bzw. Bandbreiten von bis zu 500 MHz für Breitbandtransponder
  • Unterstützt Übertragungsszenarien mit sehr geringem Signal-zu-Rausch-Verhältnis bis -10 dB (VL-SNR)
  • Unterstützt über 250 logische Kanäle mit individueller Dienstgüte (Quality of Service, QoS)
  • Unterstützt DVB-S2X-spezifische Funktionen wie Variable Coding and Modulation (VCM), Adaptive Coding and Modulation (ACM), Time Slicing, alle spezifizierten APSK-Modulationen und Roll-off-Faktoren sowie Vorwärtsfehlerkorrektur mittels LDPC/BCH

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