Wildtierbeobachtung im Sekundentakt: Das Fledermaus-Trackingsystem BATS

Weltweit einzigartiges System im Naturkundemuseum Berlin vorgestellt /

Ein Forschungsteam unter Leitung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), an dem das Museum für Naturkunde Berlin, die Technische Universität Braunschweig, die Universität Paderborn, die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, die Universität Bayreuth sowie das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS beteiligt sind, hat in Berlin das Fledermaus-Trackingsystem BATS vorgestellt, das vollautomatisch und sekundengenau soziale Kontakte zwischen freilebenden Tieren zur Analyse sozialer Netzwerke sammelt. Wie belastbar sind Freundschaften zwischen Vampirfledermäusen? Wie lernt ein junger Abendsegler jagen? Wie schnell schlägt das Herz einer Blumenfledermaus? Und warum wollen Forscherinnen und Forscher das wissen?

Fledermaus-Trackingsystem BATS
© Simon Ripperger
Mit dem Fledermaus-Trackingsystem BATS können Forscherinnen und Forscher vollautomatisch und sekundengenau soziale Kontakte zwischen freilebenden Tieren - zum Beispiel Fledermäusen - zur Analyse sozialer Netzwerke sammeln. In Zukunft wollen sie damit auch Tiere wie Vögel oder Eidechsen beobachten oder damit das Verhalten von Nutztieren in der Landwirtschaft untersuchen. Der Sensor wiegt - zusammen mit Batterie und einem Kunststoffgehäuse - lediglich 1,8 Gramm.

Die Forschungsgruppe »BATS – a Broadly Applicable Tracking System«, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und angeführt von der FAU, entwickelte in einem interdisziplinären Team aus der Elektronik, Informatik und Biologie ein völlig neuartiges und hochleistungsfähiges Wildtierbeobachtungssystem, das Forschung in nie dagewesenem Detail und sogar an so kleinen Tieren wie Fledermäusen erlaubt.

Technologische Innovation treibt die biologische Forschung voran. Das BATS-System, ein »Internet-of-Animals«, sammelt vollautomatisch und sekundengenau soziale Kontakte zwischen freilebenden Tieren zur Analyse sozialer Netzwerke, beobachtet hochauflösende Flugbahnen in dichtem Wald und zählt gleichzeitig den rasend schnellen Puls der Tiere. Das zentrale Ziel ist es, die Wildtierforschung weltweit mit Technologien »made in Germany« voranzubringen, um die Natur nachhaltig zu schützen. Verhalten von Wildtieren verstehen heißt Grundlagen für erfolgreichen Naturschutz legen.

Die Tiere tragen kleine Sender mit der Funktionalität eines Netzwerkcomputers: Daten werden gesendet, empfangen, verarbeitet, gespeichert und das alles bei einem Sensorgewicht von nur einem Gramm – inklusive autonomer Energieversorgung. Entscheidend ist dabei, dass der Sensor die Fledermäuse nicht in ihrem normalen Verhalten beeinträchtigt. Sobald ein Tier an einer Basisstation vorbeikommt, zum Beispiel in seinem Quartier, werden die gespeicherten Daten automatisch heruntergeladen.

»Noch vor wenigen Jahren war es unvorstellbar, solch hochauflösende Daten zu ganzen sozialen Gruppen freilebender Fledermäuse zu sammeln«, sagt Dr. Simon Ripperger, der als Wissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin die technologischen Neuentwicklungen im Freiland testete. Von seiner Doktorarbeit her kennt er jedoch auch noch die klassischen Methoden, als er per Radiotelemetrie einzelne Fledermäuse zu Fuß verfolgten musste. »Das Erfolgsrezept für die technologischen Quantensprünge, die unsere fast siebenjährige Arbeit ermöglicht hat, war die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forscherinnen und Forschern aus den Bereichen Technik in Erlangen und Biologie in Berlin«, fügt der Sprecher der Forschungsgruppe, Prof. Dr. Dr. Robert Weigel vom Lehrstuhl für Technische Elektronik der FAU, hinzu. Teil des Projektes waren gemeinsame Feldaufenthalte des BATS-Teams in der Fränkischen Schweiz, in Berlin sowie im tropischen Regenwald in Panama, um Fledermäuse zu beobachten.

»In Zukunft soll die Anwendung nicht auf Fledermäuse beschränkt bleiben«, sagt Prof. Weigel, »wir wollen BATS auch vermarkten und planen eine Ausgründung.« Neben der Beobachtung von anderen Wirbeltiergruppen im Freiland wie zum Beispiel Vögeln oder Eidechsen, bietet BATS auch die Möglichkeit, das Verhalten von Nutztieren in der Landwirtschaft zu untersuchen, um so in Zukunft die Tiergesundheit zu überwachen oder Haltungsbedingungen zu verbessern.

Das Fraunhofer IIS entwickelte im DFG-Forschungsprojekt BATS für die FAU eine miniaturisierte Ortungssensorik zur Erforschung des Flugverhaltens von Fledermäusen. Die IIS-Wissenschaftler nutzten zur flächendeckenden Lokalisierung Feldstärke- (Fingerprinting), Laufzeit und Winkelmessung und entwickelten mobile, 2 Gramm leichte und kompakte Sensorknoten, die die Fledermäuse problemlos tragen konnten und die ihren Flug nicht beeinträchtigten sowie ein stationäres Sensornetz am Boden. Die Sensorknoten können zwei Tonsignale im Frequenzbereich 868 MHz und 2.4 GHz mit adaptierbarer Datenrate zwischen 100 und 1 Hz senden. Die Basisstationen, basierend auf einer Software Defined Radio Plattform, senden und empfangen die Daten der Sensorknoten und übertragen die gesammelten Ortungsdaten drahtlos via WLAN.

Weitere Informationen:

FAU:
Prof. Dr. Dr. Robert Weigel
Tel.: 09131/85-27200
robert.weigel@fau.de

Museum für Naturkunde Berlin:
Dr. Simon Ripperger
Tel: 030/889140-8468
simon.ripperger@mfn.berlin