Plattformökonomie in der Wasserstoffwirtschaft: Forschung zu digitalen Plattformen für den Leitmarkt

Für eine effiziente und nachhaltig funktionierende grüne Wasserstoffwirtschaft braucht es digitale Technologien und Plattformen, durch die hochkomplexe Prozesse vereinfacht, Sektoren intelligent vernetzt und neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden. Das Forschungsprojekt »EnDaSpace PLATON« untersucht, wie ein entsprechendes plattformbasiertes Ökosystem im Wasserstoffkontext aussehen muss. Erste Forschungsergebnisse wurden bereits veröffentlicht.

Wasserstoff: Zentraler Baustein eines nachhaltigen Wirtschaftssystems

Um die Klimaschutzziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen fossile Energieträger im globalen Wirtschaftssystem weitgehend ersetzt werden. Anstatt beispielsweise Öl oder Gas zum Heizen, für den Fahrzeugantrieb oder zur Stromerzeugung zu nutzen, muss ein regeneratives Energiesystem aufgebaut werden, das auf der Nutzung nachhaltiger Energiequellen basiert.

Hier kann Wasserstoff – also vor allem klimaneutral erzeugter Wasserstoff – dank seiner vielseitigen Anwendbarkeit und Flexibilisierungsmöglichkeiten zu einem entscheidenden Element werden, nicht nur um punktuell Treibhausgasemissionen zu vermeiden, sondern insbesondere auch für die erfolgreiche Transformation unseres konventionellen in ein wirklich nachhaltiges Energie- und Wirtschaftssystem.

 

Akteure intelligent vernetzen und die richtigen Geschäftsmodelle ableiten

Auf nachhaltig erzeugten Wasserstoff lag auch der Fokus des nun abgeschlossenen Forschungsprojekts »EnDaSpace PLATON«. Hier wurde ein plattformbasiertes Ökosystem im Anwendungskontext der Wasserstoffwirtschaft in den Mittelpunkt interdisziplinärer Forschung gestellt: Einerseits ging es darum herauszufinden, wie eine digitale Plattform aussehen muss, damit sie Akteure in der Wasserstoffwirtschaft effizient miteinander verknüpfen kann, und andererseits sollte analysiert werden, wie darauf basierende Geschäftsmodelle konzipiert sein müssten, damit sie sich erfolgreich am Markt platzieren lassen. Damit untersuchte »EnDaSpace PLATON« nicht nur die physischen Wertschöpfungsprozesse rund um Wasserstoff an sich, sondern verband die Analysen gleichzeitig mit den Potenzialen, die sich durch die vielen neuen Möglichkeiten der Digitalisierung ergeben.

Das Forschungsprojekt wurde vom Innovationsprogramm der Fraunhofer-Gesellschaft gefördert. Es wurde unter der Leitung des Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie IMW gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS und dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO bearbeitet.

Das Projekt setzte sich aus zwei Teilen zusammen: Im technologischen Teilprojekt »EnDaSpace« (Energy Data Space) wurde zuerst die technische Infrastruktur geschaffen, um erneuerbare Windenergie für die Herstellung von grünem Wasserstoff zu nutzen. Das daran gekoppelte Teilprojekt »PLATON« (Plattformökonomie am Anwendungskontext Wasserstoff) setzte sich darauf aufbauend mit den zentralen Fragestellungen der Plattformökonomie auseinander.

 

Analyse plattformbasierter Geschäftsmodelle im regenerativen Energieumfeld und Beschreibung typischer Use Cases in der Wasserstoffwirtschaft

Im Projekt wurde zum einen ein hybrides Wertschöpfungsmodell entwickelt, das drei Dimensionen der Wertschöpfung berücksichtigt: die horizontale, vertikale und digitale.

  • Horizontale (physische) Wertschöpfung: von den erneuerbaren Energien über den Strom zur Herstellung und Nutzung von Wasserstoff.
  • Vertikale (physische) Wertschöpfung: von einzelnen Komponenten über Baugruppen zu komplexen Systemen.
  • Digitale Wertschöpfung: von Daten aus der physischen Welt über die Konnektivität zu datenorientierten und plattformbasierten Geschäftsmodellen.

Die digitalen Wertschöpfungsaktivitäten profitieren von der zunehmenden Verfügbarkeit von Betriebs- und Zustandsdaten sowie von den schnellen Fortschritten in der Datenanalyse durch Technologien wie Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. Das wiederum ermöglicht datenorientierte und plattformbasierte Geschäftsmodelle. Diese werden somit zu einem wichtigen Teil des Wertschöpfungssystems einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft und erleichtern den Einstieg in ergebnisorientierte »as a service«-Geschäftsmodelle wie z. B. »Windkraft as a service« oder »Wasserstoff as a service« erleichtern. Der reine Verkauf eines Wasserstoffzuges oder eines Brennstoffzellen-LKWs allein wird nicht ausreichen, um Unternehmen zu einer Umstellung auf die neue Technologie zu bewegen. Daher werden nach Ansicht der Autoren und Autorinnen der Studie diese Geschäftsmodelle beispielsweise im Schienen- und Schwerlastverkehr nötig sein. Außerdem muss auch die Versorgungsinfrastruktur für Wasserstoff mit angeboten werden, um die Bedürfnisse der Kunden befriedigen zu können.

Die Ergebnisse des Projekts zeigen auf, dass die digitale Wertschöpfung im Kontext einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft jedoch noch am Anfang steht. Daher wurden im Projekt Zukunftsbilder beschrieben, wie sich bestehende datenorientierte und plattformbasierte Geschäftsmodelle im Energiebereich weiterentwickeln könnten und wo neue im Kontext einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft entstehen müssen. Damit entsprechende datenorientierte und plattformbasierte Geschäftsmodelle erfolgreich sind, ist die Akzeptanz bei Schlüsselakteuren und Endanwendenden essenziell, die im Rahmen einer Befragung untersucht wurde.

 

Forschungsergebnisse als White Paper

Die zentralen Forschungsergebnisse wurden im White Paper »PLATON: Digitale Plattformen für den Leitmarkt Wasserstoff« zusammengefasst, das hier zum kostenfreien Download bereitsteht.

 

Wasserstoff: Institutsweite Forschung an Lösungen für ein komplexes Wirtschaftssystem

Über das Forschungsprojekt »EnDaSpace PLATON« hinaus nimmt das Fraunhofer IIS die Zukunftstechnologie Wasserstoff ganzheitlich in den Blick und forscht institutsweit an Lösungen für die Wasserstoffwirtschaft. Denn ein ganzheitlicher Blick auf das komplexe Wirtschaftssystem inklusive ihrer Zulieferer und Dienstleistungen ermöglicht es dem Fraunhofer IIS, sich an zentralen Stellen wirkungsvoll mit seinen Kompetenzen einzubringen. Welche Expertisen das Fraunhofer IIS bietet und wie Unternehmen davon profitieren können, erklärt Prof. Alexander Martin, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen und des Lehrstuhls für Analytics & Mixed-Integer Optimization an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, hier.