Praxisnahe 5G-Anwendung für den Kirschenanbau

© Fraunhofer IIS
Visualisierung des Kooperationsprojekts »For5G«

Im Rahmen des Projekts »For5G« wird eine praxisnahe 5G-Anwendung für den Obstanbau entwickelt. Herzstück des Projekts, das in der Fränkischen Schweiz verortet ist, stellt die Erzeugung eines »digitalen Zwillings« von Süßkirschbäumen dar. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen zukünftig auch auf andere Obstsorten übertragen werden. Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HWST) mit dem Institut für Gartenbau sowie der Landkreis Forchheim arbeiten gemeinsam an der Umsetzung. Das Projekt wird mit 1,4 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert.

Im Zuge des »Smart Farmings« kommen immer mehr innovative Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft zum Einsatz. Dazu zählt auch die Digitalisierung und Anwendung von 5G-Applikationen, die einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem tiefgreifenden Wandel der traditionellen Landwirtschaft bedeuten. Für landwirtschaftliche Betriebe sind die daraus erwachsenden Chancen erheblich: Eine Steigerung der Produktion, die Senkung von Kosten oder ein optimierter Einsatz von Ressourcen sind zu erwarten.

Drohnen liefern die Daten für den »digitalen Zwilling«

© StMWi/Quirin Leppert
Drohne zu Datenübertragung im Einsatz

Ein »digitaler Zwilling« ist ein digitales Abbild eines physischen Objekts und vereinigt alle verfügbaren Informationen zum Zustand und den Vorgängen des realen Pendants. Damit ermöglicht er die Überwachung, Steuerung und im gewissen Umfang auch die Vorhersage der zukünftigen Entwicklung des betrachteten Objekts. Im For5G-Projekt basiert der digitale Zwilling auf Bildmaterial von Kirschbäumen, das per Drohne aufgenommen und mittels 5G-Technologie an eine Rechnerinfrastruktur übertragen wird. Aus den Bilddaten werden dreidimensionale Modelle der Bäume rekonstruiert und mit Hilfe von KI-basierten Algorithmen hinsichtlich ihrer phänotypischen Merkmale analysiert. Da eine Verarbeitung der großen Datenmengen direkt auf der Drohne nicht praktikabel ist, ist die Übertragungstechnologie ein wesentlicher Bestandteil zum Gelingen des Projekts. Zur Behebung der schlechten Abdeckung der landwirtschaftlichen Flächen mit 5G wird das mobile 5G-Campusnetz des Fraunhofer IIS, das sich flexibel zum jeweiligen Einsatzort transportieren lässt und die Anbindung der Drohne gewährleistet, eingesetzt.

Eine Süßkirsche macht den Anfang

3D-Konstruktion des Süßkirschbaumes

Für die Entwicklung des digitalen Obstbaumzwillings stellt der Landkreis Forchheim die Versuchsanlage des Obstinformationszentrums Hiltpoltstein im Zentrum eines der größten Süßkirschanbaugebiete Deutschlands zur Verfügung. Daher wurde als erster Anwendungsfall des Projekts die Süßkirsche ausgewählt. Bis August 2024 werden regelmäßig ausgewählte Bäume beflogen und auf Grundlage der gesammelten Daten Algorithmen zur automatischen Erfassung der phänotypischen Merkmale entwickelt und evaluiert. Im Verlauf des Projekts soll die Methodik auf weitere Obstsorten übertragen werden und die Anwendungsmöglichkeiten in Zusammenarbeit mit Anwendungspartnern in ersten, konkreten Lösungen für die Landwirtschaft evaluiert werden.

Vielfältige Verwertung der Projektergebnisse

© StMWi/Quirin Leppert
Drohne auf dem Süßkirschbaumfeld

Die im Projekt zusammengeführten Kompetenzen im Bereich 5G und Phänotypisierung (Fraunhofer IIS) sowie Robotik und Visualisierung (FAU) wie auch die Expertise im Obstbau (HWST/LK Forchheim) ergänzen sich optimal für eine erfolgreiche Projektarbeit. Die Anwendungsmöglichkeiten des »digitalen Zwillings« im Bereich Landwirtschaft und Obstbau sind extrem vielfältig. So kann z.B. der Gesundheitszustand erfasst und etwaige Stresszustände wie Trockenstress, Nährstoffmangel oder Schädlingsbefall erkannt werden. Dies kann Obstbauern zukünftig als eine objektive Entscheidungsgrundlage dienen, um Maßnahmen wie Bewässerung, Düngung oder Schädlingsbekämpfung in gezielter Menge anzuwenden und dadurch Ressourcen zu sparen und ungewollte Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. Der Obstanbau kann damit nachhaltiger gestaltet werden, ohne das Qualität und Ertrag darunter leiden. Zusätzlich kann der digitale Zwilling die Informationsgrundlage für eine zuverlässige Ernteprognose darstellen und damit Obstbauern helfen den Einsatz von Erntehelfern und die nachfolgende Logistik effizienter zu planen und ihren Erlös zu erhöhen. Neben dem Obstbau, könnten auch ganze Waldstücke auf diese Weise analysiert werden und damit zur Früherkennung der Waldbrandgefahr oder einer frühzeitigen Lokalisierung von Schädlingen beitragen. Die Forstwirtschaft ist bundesweit von großer ökologischer und ökonomischer Bedeutung. Nicht nur das Bundesland Bayern mit seinen fast 2,5 Millionen Hektar Wald, sondern auch andere Bundesländer bis hin zur EU könnten von der Einführung dieser neuen 5G-Technologie enorm profitieren. 

Weitere spannende Forschungsthemen:

 

Phänotypisierung

Wir setzen dreidimensionale, zerstörungsfreie Monitoring-Systeme ein, um Pflanzen möglichst vollständig, genau und vor allen Dingen unbeschadet zu erfassen.  

 

Zentrum für Biogene Wertschöpfung und Smart Farming

Wir entwickeln Technologien von der Datenaufnahme bis zur Entscheidungsfindung für klimaresistente Pflanzen.