Die Entwicklung von Mobilfunk ist eine der einflussreichsten Technologien der Digitalisierung. Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird diese Entwicklung von Fraunhofer-Instituten mitgestaltet. Die Entwicklung erschließt immer höhere Frequenzbereiche und komplexere Systeme. Dies bietet Herausforderungen, welche nur mit völlig neuartiger Technologie auch für zukünftige Anwendungen oder heute noch futuristisch anmutende Szenarien gelöst werden können. Sich hier frühzeitig zu rüsten und die Potentiale einer durch Quantencomputing unterstützen Technologieentwicklung nutzbar zu machen, ist Ziel der Aktivitäten im Mobilfunk der Fraunhofer-Institute.
Für die Ortsbestimmung in Mobilfunknetzen bietet 5G ein neues Framework mit Lokalisierungsmethoden der Laufzeit- und Winkelmessung von Funksignalen. Insbesondere in Szenarien mit Abschattungen und Mehrwegeausbreitung sind die Randbedingungen für die Lokalisierung besonders anspruchsvoll. Hierzu ist ein vielversprechendes Lösungsverfahren zur Gewinnung guter Messdaten - die Funkkanalschätzung mit Hilfe von Mehrantennensystemen, sogenannten Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Antennen in Entwicklung. In höheren Frequenzbereichen und verteilten Systemen ist sowohl die Mess- als auch die Konfigurations- und Signalisierungsaufgabe sehr komplex. Bisherige Lösungsverfahren sind wegen der Größe des Systems und vieler dynamischer Parameter sehr rechenintensiv und damit für zeitkritische Anwendungen nicht geeignet.
Die zugrundeliegenden Optimierungsprobleme lassen sich im Vergleich zu üblichen Algorithmen (wie z.B. Exhaustive Search) mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz effizienter lösen. Da Aufgaben, wie etwa die Erzeugung und Koordination von gerichteten Funkkanälen, sowie die Ortsbestimmung in Funknetzwerken typischerweise in Realzeit gelöst werden müssen, sind hier Verfahren des sogenannten »Reinforcement Learning« besonders geeignet. Hier interagiert ein adaptiver Entscheidungsalgorithmus, der »Lernende«, mit seiner »Umgebung«, welche das zu lösende Problem in geeigneter Weise repräsentiert. Durch ein problemspezifisches Belohnungssignal ist der Lerner in der Lage, seine Entscheidungsstrategie so Schritt für Schritt zu verbessern.
Wir forschen daran, solche Reinforcement-Learning-Algorithmen durch das Einbeziehen von Quantenrechnern effizienter umzusetzen. Auch wenn es bereits einige theoretische Vorschläge zur Umsetzung von Quantum Reinforcement Learning gibt, welche z.B. auf Quantenalgorithmen zur Amplitudenverstärkung basieren, sind die zu erwartenden Laufzeitbeschleunigungen moderat und die Anforderungen an existierende Quantenhardware typischwerweise noch zu hoch. Daher werden in BayQS auch hybride Quantenalgorithmen und Quantum Machine Learning-Ansätze erprobt und entwickelt. Damit kann bereits mit aktueller Quantenhardware, die durch kleines Quantenvolumen (d.h. wenige Qubits und hohe Fehlerraten bei der Algorithmenausführung) charakterisiert ist, Verbesserungspotential zur Lösung von Optimalsteuerungs- und Entscheidungsproblemen ausgelotet werden.
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