Eine Frage des Datenschutzes - die Bildanalysesoftware SHORE

14. Juli 2017

Mit dem deutschen Datenschutz konform - Interview mit Jens Garbas

Jens Garbas ist ein Experte für die Bildanalysesoftware SHORE. Er weiß, dass der Schutz der Daten von Personen im Bereich der softwarebasierten Gesichtsanalyse ein entscheidendes Kriterium für deren erfolgreichen und vertrauenswürdigen Einsatz darstellt. In diesem Interview sind wir zentralen Fragen an die Software SHORE auf den Grund gegangen: Wie funktioniert SHORE? Welche Daten werden überhaupt erhoben? Wie sind diese geschützt? Und: Ist das auch alles von neutraler Stelle geprüft? Lesen Sie selbst:

Jens Garbas ist Gruppenleiter für Intelligente Systeme am Fraunhofer IIS und Experte für die Bildanalysesoftware SHORE

Herr Garbas, Sie sind Experte für die Bildanalysesoftware SHORE. Was kann diese Software grundsätzlich leisten?

SHORE ist eine Software zur echtzeitfähigen Gesichtsfindung und Gesichtsanalyse, d.h. die Software kann sehr schnell Gesichter in Bildern und Videos finden und analysieren. Sie kann damit das Geschlecht und das Alter erkennen und über die Mimik auf die Emotionen schließen.

 

Zudem gibt es das System AVARD, das auf SHORE aufbaut. Was macht AVARD genau?

AVARD ist die Implementierung von SHORE auf einem intelligenten Sensor. Damit können wir sehr kompakte kleine Kameras bauen, die ohne eine Anbindung an eine Cloud Analysen durchführen können. Mit AVARD findet die Analyse in der Kamera statt und es ist nicht notwendig, Daten an einen Rechner, eine Cloud oder einen Dienstleister zu übertragen. Die Daten bleiben in der Kamera und damit in der Kontrolle des Anwenders. Aus dem System heraus kommen nur anonyme Metainformationen.

 

Was sind solche Metadaten?

Die Metadaten sind die Anzahl von Personen, Alter, Geschlecht, Gesichtsausdruck und mit Letzterem auch die Stimmung der Personen. Zusätzlich kann auch die Verweildauer von Personen erkannt werden.

 

Welche Daten werden nicht erfasst?

Mit dem System ist es nicht möglich, Personen zu erkennen oder wieder zu erkennen. Genauso wenig ist es möglich, festzustellen, dass eine bestimmte Person anwesend war oder dass sie an einen bestimmten Standort wiedergekommen ist.


Auf welchen Gebieten kann eine solche Gesichtsanalyse eingesetzt werden?

Einsatzmöglichkeiten gibt es sehr viele, z. B. kann man in der Außenwerbung auf Displays passende Werbung für bestimmte Kundengruppen ausspielen, also etwa für junge oder ältere Personen, für Männer oder für Frauen. Das AVARD-System erkennt, dass z. B. drei Männer oder zwei Frauen vor dem Display stehen und diese Info kann man nutzen, um für diese Kundengruppen angepasste Werbung zu zeigen.

 

Gerade wird viel über den Einsatz einer solchen Software im deutschen Einzelhandel gesprochen. Wozu wird diese dort genutzt?

Man kann feststellen, wie viele Leute wann ins Geschäft kommen und welche Personengruppen sich für welche Angebote interessieren.

SHORE Facedetection
© istock.com/skynesher
SHORE erfasst Alter und Geschlecht und kann über die Mimik auf die Emotionen schließen einer Person schließen.

Personalisierte Werbung kennen wir alle aus dem Internet, die uns auf Grund unseres Surfverhaltens im Netz angezeigt wird. Welche Daten wertet SHORE aus?

Ja, man kennt das vom Online-Handel, da werden auch Banner eingeblendet, die auf den User zugeschnitten sind. Eine Anpassung von Werbung ist mit AVARD auch im stationären Einzelhandel möglich.

SHORE wertet das Geschlecht, das Alter und den Gesichtsausdruck aus. Daneben kann

man auch die Verweildauer auswerten; es ist insbesondere für die Werbebranche wichtig, wenn man feststellen kann, wie lange Personen sich eine Werbung angesehen haben. Wenn sich z. B. bei einem Werbeclip alle Männer nach drei Sekunden wegdrehen, dann scheint die Werbung für sie nicht relevant oder interessant zu sein. Oder wenn alle älteren Männer sich einen Clip bis zum Ende anschauen, ist er wahrscheinlich interessant für sie. Damit erhält man wichtige Daten, um die Reichweite von Werbung zu messen und zu optimieren.

 

Was passiert mit den Daten und wie verhält es sich genau mit dem Datenschutz? Ist das alles datenschutzkonform und von Behörden geprüft?

Wichtig zu wissen ist, dass keine personenbezogenen Daten aufgezeichnet werden, weil die Bilddaten im Moment der Auswertung sofort verworfen und somit anonymisiert werden. Dadurch ist es nicht möglich, Rückschlüsse auf Personen zu ziehen. Somit ist das System datenschutzkonform und wurde nach einer technischen und rechtlichen Prüfung mit dem »Privacy Seal« zertifiziert. Das »Privacy Seal« erteilt die Firma »ePrivacy GmbH« in Hamburg, sie überprüft und bescheinigt damit u.a. die Konformität mit bzw. Anwendbarkeit der deutschen Datenschutz-Grundverordnung.

Zusätzlich hat das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht das System in der praktischen Anwendung bei einem deutschen Einzelhändler geprüft und auch für datenschutzkonform befunden.

 

Es können also keine Rückschlüsse auf individuelle Personen gezogen werden?

Genau, das ist nicht möglich.

 

Was bedeutet »Privacy by Design« genau und wie wurden diese Prinzipien bei der Entwicklung von SHORE berücksichtigt?

»Privacy by Design« bedeutet, dass man bei der Erstellung und Entwicklung eines technischen Systems den Datenschutz von Anfang an mitberücksichtigt. Das Konzept geht auf ursprünglich auf ein White Paper einer kanadisch-niederländischen Forschergruppe zurück. Bei AVARD trifft es insofern zu, dass SHORE so effizient und so gut implementiert ist, dass es auf einer kleinen intelligenten Kamera laufen kann, ohne einen großen Rechner in einer Cloud zu brauchen – das ermöglicht eine datenschutzgerechte Implementierung.

 

Herr Garbas, welche Einsatzgebiete sehen Sie zukünftig noch für Anwendungen wie SHORE und AVARD?

Für uns ist es jetzt wichtig, die Gesichtsanalyse auszubauen, also insbesondere die Mimikerkennung zu stärken. Dafür gibt es Anwendungen in der Robotik, also empathische Roboter, die anfangen, die Gefühle der Menschen zu verstehen und sich entsprechend verhalten. Im Automobilbereich ist so etwas wichtig, um den Fahrerzustand erkennen zu können, z.B. kann man feststellen, ob der Fahrer gestresst ist oder ob er sich wohl fühlt. Des Weiteren gibt es Anwendungen im medizinischen Bereich, wo es darum geht, z.B. autistisch veranlagten Personen zu helfen, Mimik zu verstehen und zu interpretieren.

SHORE kann überall da helfen, wo Menschen mit technischen Systemen interagieren, sei es jetzt mit einem Computer oder mit einem Auto; es ist hilfreich, wenn die Maschine den Menschen versteht und sich auf den Menschen einstellt und nicht andersherum. So kann Technik dem Menschen helfen, besser zu arbeiten oder besser Auto zu fahren und letztendlich besser durchs Leben zu kommen.

Es geht darum, die Interaktion mit der Maschine angenehmer für den Menschen zu machen. Wir versuchen, Maschinen empathisch zu machen in dem Sinn, dass sie sich auf den Menschen einstellen und verstehen, wie sie ihm am besten helfen können.

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