Dann geht es endlich los: Wir verlassen Riga. Den Hafen im Rücken gibt es weitere Einweisungen in den Schiffsalltag. Dabei lernen wir, was alles zu tun ist, wenn wir Wache haben. Für mich heißt das konkret: Ich bin in Wache 2, zusammen mit dem kompletten ENET-Team sowie unseren Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Wache 2 hat Schiffsdienst von 4 Uhr bis 8 Uhr morgens – puh – und von 16 Uhr bis 20 Uhr abends. Dabei steuern wir das Schiff, halten nach anderen Schiffen oder Land Ausschau, korrigieren die Position, kontrollieren und protokollieren das Wetter und prüfen das ganze Schiff auf Feuer oder eingedrungenes Wasser – das Ganze stündlich…
Wir haben also ordentlich zu tun während der Wache. Wenn der zusätzliche Dieselmotor im Einsatz ist, checken und ölen wir auch diesen stündlich. Wenn man dann seine Wache hinter sich hat, geht’s zur Happy Hour… Hört sich gut an, denken wir uns. Gemeint ist hier aber das gemeinsame Putzen des Schiffes.
Außerdem ist jede Wache für ein bestimmtes Set an Segeln zuständig – in unserem Fall ist es das Großsegel und das Marssegel. Das heißt, wann immer es nötig ist, legen wir Hand an und hissen entweder das Segel oder holen dieses wieder ein. In einem solchen Fall hat sich die komplette Wachmannschaft an vorher verabredete Stellen zu begeben, um dann die Anweisungen der Wachchefin zu befolgen: » Raise the peak halyard!«, »Slack the guys!«
So fahren wir durch die baltische See, vorbei an über 2000 kleinen Inseln, die meisten davon unbewohnt. Jetzt gibt es die ersten Gelegenheiten für einen Austausch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Bord. Trotz der unterschiedlichen Fachrichtungen komme ich schnell auf Gemeinsamkeiten, z.B. mit einem Professor für Big Data aus Osnabrück oder einem Professor des Karlsruher Instituts für Technologie KIT, der sich mit Supraleitung und Kältetechnik beschäftigt. Die ein oder andere vage Projektidee lässt sich auch gut beim leichten Schaukeln der Wellen diskutieren.