Inwiefern stellt KI für das Fraunhofer IIS eine Zeitenwende dar?
Bernhard Grill: Die Anwendung von KI-Methoden ist für uns die logische Fortführung der Entwicklung der Mikroelektronik. Heute sind Mikroprozessoren selbst in den kleinsten Alltagsgeräten integriert. Mit der Nutzung von KI werden diese Geräte und Maschinen noch flexibler und vielseitiger für neue Anwendungen einsetzbar als heute und werden komplexere Aufgaben lokal erfüllen können, ohne dafür auf zentrale Hochleistungsrechner zurückgreifen zu müssen. Wir haben damit die Maschinen und die Daten, um Innovationen anstoßen zu können, die so groß sind wie jene, die die digitale Signalverarbeitung und Mikroelektronik vor rund 50 Jahren ausgelöst hat. Wir haben die Möglichkeiten, mit KI etwas Neues zu schaffen und wir sind entschlossen, dabei zu sein.
Albert Heuberger: KI bedeutet eine neue Klasse von Werkzeugen, die deutlich komplexere Aufgaben übernehmen können. So wird die Mikroelektronik, mit der wir uns schon lange sehr erfolgreich beschäftigen, auf ein neues Niveau gehoben. Daher ist sie für unsere Mission, Mikroelektronik- und Sensorik-Anwendung zu bauen, einfach adäquat. Insofern ist dies eine logische Fortsetzung unserer bisherigen Aktivitäten, weil wir uns mit diesen neuen Werkzeugen auseinandersetzen und sie bestmöglich bei uns nutzen müssen.
Dennoch bleiben Risiken, die mit dem Einsatz von KI verbunden sind. Wie wird das Fraunhofer IIS seiner Verantwortung gerecht?
Bernhard Grill: Man hat immer Angst davor, dass die Maschine dem Menschen zu viel abnimmt, aber es kann in vielen Fällen sehr sinnvoll sein. Etwa dann, wenn sich die Bedienung von Geräten mit Sprache steuern lässt. Oder wenn Maschinen zum Beispiel das Autofahren sicherer machen. Maschinen sind nicht betrunken, übermüdet oder unaufmerksam. So wird die Zahl der Unfälle sinken. Das ist ein Riesenfortschritt. Es wird möglich sein, bestimmte Szenarien zu verhindern – dort, wo Menschen typisch »menschliche« Fehler machen. Auch die Maschinen werden Fehler machen, aber deutlich weniger.
Albert Heuberger: Wir arbeiten daran, dass solche Maschinen vertrauenswürdig werden. Zum Beispiel beim Thema Gesichtserkennung. Wenn ich in eine Kamera blicke, von der ich weiß, sie betreibt Gesichtserkennung, stellt sich die Frage zur Wahrung der Privatsphäre. Wir entwickeln nach »Privacy by design«, d.h. wir nutzen technische Mechanismen wie z. B. Verschlüsselung, oder gar keine Übertragung von Bilddaten, so dass der Nutzer sich darauf verlassen kann, dass nur bestimmte Merkmale aus den Daten extrahiert werden. Wir stellen uns also die Frage: Was erlaube ich der Maschine auszuwerten?