Innovationspreis Mikroelektronik 2012 für Polarisations- kamera POLKA
Menschen können nicht sehen, in welcher Ebene Lichtwellen schwingen. Mit Polarisationskameras aber kann diese für uns unsichtbare Qualität des Lichts, die Polarisation, sichtbar gemacht werden. Die von Dr. Stephan Junger, Jürgen Ernst und Wladimir Tschekalinskij vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS entwickelte Kamera POLKA, basierend auf einem neu entwickelten, nanostrukturierten Sensor, kann mit einer einzigen Aufnahme pixelweise die Schwingungsebene des Lichts erfassen. Damit eignet sie sich für eine Vielzahl von zerstörungsfreien Prüfverfahren in der Produktion. Die Wissenschaftler erhielten für ihre Entwicklung nun den Georg-Waeber-Innovationspreis Mikroelektronik 2012.
Mithilfe der Polarisation lässt sich manches erkennen, was sonst unsichtbar wäre, z. B. Spannungen in Materialien oder die Beschaffenheit von Oberflächen. Bisher gelingt dies nur teuren und aufwändig handhabbaren Spezialkameras. Hersteller von optischen Linsen oder Kunststoffen und Gläsern setzen diese zur Produktionsüberwachung ein. Die neue, am Fraunhofer IIS in Erlangen entwickelte Kamerageneration POLKA liefert bereits mit einer einzigen Aufnahme aussagekräftige Bilder und ist nebenbei deutlich günstiger herstellbar. Die Kamera wurde aufgrund ihres hohen Innovationsgrades mit dem diesjährigen Georg-Waeber-Innovationspreis ausgezeichnet.
Die Single-Shot-Erfassung lässt Bewegungsartefakte Vergangenheit werden
Herzstück von POLKA ist ein ebenfalls am Fraunhofer IIS entwickelter nanostrukturierter CMOS-Sensor, bei dem die Polarisationsfilter direkt in den einzelnen Pixeln verankert sind. So kann mit einer einzigen Aufnahme Pixel für Pixel linear polarisiertes Licht erfasst und gemessen werden. Herkömmliche Polarisationskameras sind aufwendiger konstruiert und arbeiten z. B. mit vor dem Sensor rotierenden Polfilterrädern, Strahlteilern oder LCD-Elementen. Zudem werden die Aufnahmen bei den meisten heute benutzten Polarisationskameras aus mehreren Bildern zusammengesetzt. Durch diese Zeitverzögerung verschwimmt die Darstellung – Experten sprechen hier von Bewegungsartefakten.
»Mit unserer POLKA gibt es diese Bewegungsartefakte nicht. Dafür sorgen der bei uns im Haus entwickelte nanostrukturierte CMOS-Sensor und eine spezielle Algorithmik zur Auswertung der Signale«, erklärt Jürgen Ernst, einer der Entwickler am Fraunhofer IIS. »Das bringt viele Vorteile. Die Aufnahmezeiten sind kurz und auch bewegte Objekte können gestochen scharf aufgenommen werden«, sagt der Experte.
Wie bei herkömmlichen Digitalkameras können die aufgenommenen Bilder live auf einen PC übertragen werden. Mithilfe von Visualisierungsalgorithmen machen die Wissenschaftler Intensität, Winkel und Grad der Polarisation für das menschliche Auge sichtbar: »Man kann unsere Aufnahmen sofort am PC anschauen und abspeichern«, sagt Jürgen Ernst. Viele Anfragen, insbesondere aus dem industriellen Umfeld, verdeutlichen, dass POLKA ein »Mehr« an Informationen liefert und neue Analyse- und Prüfbereiche erschließt. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der Optimierung von Produktionsabläufen bis zur Verbesserung der Qualitätskontrolle z. B. bei Carbon-Bauteilen.
Georg-Waeber-Innovationspreis Mikroelektronik
Der mit 3000 Euro dotierte Georg-Waeber-Innovationspreis wird jährlich für herausragende wissenschaftliche Leistungen vom Förderkreis für die Mikroelektronik e. V. ausgeschrieben. Die Beurteilung orientiert sich insbesondere am Erkenntnisfortschritt und den Möglichkeiten der praktischen Verwertung. Dem Förderkreis gehören ca. 25 Unternehmen, das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, das Fraunhofer- Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologien IISB, vier Lehrstühle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und die IHK Nürnberg für Mittelfranken an. Der Förderkreis verleiht jährlich auch einen Jugendpreis, vergibt Stipendien und fördert technisch-wissenschaftliche Veranstaltungen und Kooperationen zwischen Forschung, Entwicklung und Anwendung.