Neue Studie belegt: Kieferorthopädische Untersuchungen ohne Röntgenstrahlung möglich
Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS und des Universitätsklinikums Erlangen ist es gelungen, die Magnetresonanztomographie (MRT) in der Kieferorthopädie erfolgreich einzusetzen. So soll künftig beispielsweise die Position von verlagerten oder retinierten Zähnen ohne Röntgenstrahlung diagnostizierbar sein. Das Forschungsteam wurde für die Studie auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie prämiert.
Zur eindeutigen Diagnose vieler Krankheiten, unter anderem in der Kieferorthopädie, werden häufig Röntgenuntersuchungen, d.h. Untersuchungen mit ionisierender Strahlung, eingesetzt. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie des Fraunhofer IIS und der Zahnklinik 3 – Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Erlangen konnten Forschende an Schweineköpfen zeigen, dass die MRT in vielen Bereichen der Kieferorthopädie genauso erfolgreich eingesetzt werden kann wie die bisher üblichen Verfahren mit ionisierender Strahlung.
Insbesondere Kinder und Jugendliche könnten profitieren
MRT-Verfahren können mit gutem Kontrastverhältnis und der völligen Abwesenheit ionisierender Strahlung punkten. »Das Hauptklientel für kieferorthopädische Untersuchungen sind Kinder und Jugendliche. Bei dieser Personengruppe ist das Risiko für Schäden durch ionisierende Strahlung höher als bei Erwachsenen«, erklärt Fraunhofer-Forscher Dr. Daniel Haddad und verweist auf eine Studie aus dem Jahre 2007.
»In einer australischen Studie wird berichtet, dass das Risiko generell an Krebs zu erkranken, für Personen in der untersuchten Gruppe um 24% höher war, wenn bei ihnen in den Jahren vor dieser Erkrankung eine Computertomographie (CT)-Untersuchung durchgeführt worden war, als bei Personen ohne eine solche Untersuchung. Wenn wir also künftig durch alternative Untersuchungsmöglichkeiten die Strahlenbelastung dieser Untersuchungen in der Kieferorthopädie komplett vermeiden könnten, wäre das großartig« ergänzt er. Die Forschenden sehen ein großes Potenzial der MRT in der Kieferorthopädie.
Kein signifikanter Unterschied zwischen MRT und anderen Verfahren
In der durchgeführten Studie bewerteten und verglichen mehrere Zahnärzte Schichtbilder und 3D-Rekonstruktionen von Schweineköpfen, die mittels klassischer bildgebender Verfahren wie der Computertomographie oder der digitalen Volumentomographie (DVT) erstellt wurden mit Pendants der MRT. Weiterführende Studien an menschlichen Kiefern werden die klinische Eignung abschließend klären.
Das Ergebnis: Generell unterschied sich die MRT hinsichtlich der meisten Parameter nicht signifikant von anderen Methoden. Bei der Beurteilung der Lage von Zahnkeimen wurde die MRT sogar besser bewertet. »Auch bei den 3D-Rekonstruktionen der Zähne aus MRT-Daten konnten wir – außer bei der Oberflächendarstellung der Zahnwurzeln – keine signifikanten Unterschiede gegenüber herkömmlichen Verfahren feststellen. Mit Standardparametern aufgenommene MRT-Daten scheinen den heute verwendeten Röntgen- bzw. DVT-oder CT-Aufnahmen in vielen Bereichen ebenbürtig,« fasst Kieferorthopäde Dr. Andreas Detterbeck vom Universitätsklinikum Erlangen zusammen und ergänzt: »Im Bereich der Knochendarstellung, in dem die Röntgenstrahl-basierten Methoden zurzeit noch besser abschneiden als die MRT, bieten neue schnelle MRT-Verfahren die Chance auch diese Lücke zukünftig zu schließen.«
Forschungsleistung wurde prämiert
Für die Studie mit dem Namen »MRI vs.CT for orthodontic applications: comparision of two MRI protocols and three CT (multislice, cone-beam, industrial) technologies« wurde das Forschungsteam am 11. Oktober 2017 in Bonn von einer unabhängigen Jury auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie e.V. mit dem Jahresbestpreis für die J Orofac Orthop-Publikation 2016 prämiert.