Fraunhofer EZRT nimmt erstes roboterbasiertes CT-System beim Automobilhersteller BMW in Betrieb

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Fürth/München: Das Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT hat ein robotergestütztes Computertomographie(CT)-System entwickelt, das in der Automobilproduktion bereits in der frühen Entwicklungsphase die Qualität von Fahrzeugen ohne Zerlegen umfassend analysiert und dadurch Entwicklungszyklen verkürzt. Gemeinsam mit dem Automobilhersteller BMW wurde »RoboCT« in der Produktivumgebung installiert.

© Fraunhofer IIS
Aufbau einer »RoboCT« mit den bildgebenden Komponenten Röntgenquelle und -detektor.

Der Einsatz von RoboCT in der Produktivumgebung bietet gegenüber konventionellen CT-Systemen den Vorteil, Prüfpositionen an komplex geformten Objekten, wie etwa einer Fahrzeugkarosserie, beziehungsweise in einem besonders großen Arbeitsraum, zu erreichen. Forschende des Fraunhofer EZRT, ein Bereich des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS, haben hierfür die Technologie RoboCT entwickelt. Rund 13 Jahre Entwicklungsarbeit, finanziert durch öffentlich geförderte sowie Eigenforschungsprojekte stecken in der Technologie, die ursprünglich insbesondere für Prüfaufgaben in der Luft-und Raumfahrt entwickelt wurde, beispielsweise für die Untersuchung ganzer Tragflächen auf Fehlstellen.

Das CT-System wurde in enger Kooperation mit Ingenieuren der BMW Group im Forschungs- und Innovationszentrums (FIZ) in München direkt an der Schnittstelle zwischen Entwicklung und Produktion installiert und im Juli 2018 in Betrieb genommen.

Beim dortigen Aufbau umfahren vier kooperierende Roboter, die die bildgebenden Komponenten wie z. B. Röntgenquelle und -detektor korrespondierend bewegen, das Fahrzeug. Damit kann RoboCT alle Positionen des Fahrzeugs erreichen. So ist das System in der Lage, dreidimensionale CT mit der Detailerkennbarkeit in Größe eines menschlichen Haares zu erzeugen. Das Objekt kann mit dieser Technologie mit höchster Präzision bis ins Detail untersucht werden, ohne es dabei zu beschädigen. Bisher mussten die entsprechenden Bauteile für eine solche Analyse zerlegt oder gar ausgesägt und in einem separaten CT-System untersucht werden. Durch die Verkürzung der Entwicklungszyklen von der Idee zur Markteinführung sind Anwender in der Lage, Produkte schneller auf den Markt zu bringen.

Ungenauigkeiten der Roboter werden mit Algorithmen korrigiert

Im industriellen Einsatz übliche Röntgen-CT-Systeme sind in der Lage, Objekte von etwa 30 Zentimetern Durchmesser zu tomographieren und so 3D-Informationen über alle äußeren aber auch verdeckten, inneren Strukturen zu erfassen. Diese CT-Bilder lassen sich am Computer virtuell in beliebige Stapel von Schnittbildern zerlegen und analysieren. Um Auflösungen von teils kleiner als einem Mikrometer zu erreichen, sind äußerst präzise Hardwarekomponenten notwendig. Mit großen Industrierobotern – hier mit Reichweiten von drei Metern und mehr – lassen sich Ausschnitte, sogenannte »regions of interest ROI«, an viel größeren und komplex geformten Objekten erreichen. Die besondere Herausforderung besteht darin, geometrische Ungenauigkeiten der Roboter algorithmisch direkt aus den aufgenommenen Messdaten zu korrigieren.

Die präzisesten Industrieroboter dieser Größe erreichen über deren gesamten Arbeitsraum lediglich Genauigkeiten von ½ bis ¼ Millimeter – während für die CT je nach Anwendung mindestens 1/20 Millimeter notwendig sind. Die Lösung dieses Problems ist die Grundlage, um diese Technologie heute produktiv einzusetzen.

Der nächste Schritt: kognitive Sensorsysteme

Die robotergestützte CT wie sie heute durch diese Entwicklungen Realität geworden ist, ist erst der Anfang einer größeren Idee: Langfristig ist es Ziel, nicht einfach wahl- oder lückenlos Materialdaten zu messen, sondern nur noch die relevanten Daten zu erfassen. Und was relevante Daten sind, wird dieses sogenannte kognitive Sensorsystem selber entscheiden. Kunden bekommen eine Art hochflexible Blackbox geliefert. Mit dieser müssen sie sich nicht auseinandersetzen und über keinerlei Know-how im Bereich der zerstörungsfreien Prüfung verfügen. Teil dieser Box sind beispielsweise Roboter, die Zugriff auf unterschiedliche, sich selbst adaptierende Sensorsysteme haben und dann im weitesten Sinne selbst entscheiden, welche Methoden sie wie nutzen. Der Roboter greift sich dann ein Röntgensystem, ein Luftultraschallsystem oder auch ein Thermographiesystem, um eine ganz bestimmte definierte Aufgabe zu lösen und nicht um etwas zu prüfen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz kann die RoboCT den Menschen bei unterschiedlichen Aufgaben unterstützen, indem sie ihm als Blackbox abhängig von der gestellten Aufgabe optimale Parametrierungen hinsichtlich Zugänglichkeiten und Aufnahmeparametern vorschlägt.