Mehr Raum für neue Ideen: Auftakt für den Bau neuer Laborhalle für Hochenergie-Röntgenanwendungen
Das Entwicklungszentrum Röntgentechnik des Fraunhofer IIS schafft Raum für neue Ideen: Mit dem Bau einer Laborhalle für ein weiteres Hochenergie-Röntgensystem erweitert das Fraunhofer IIS das Anwendungsfeld der stark nachgefragten XXL-Computertomographie (XXL-CT) entscheidend und schafft ideale Rahmenbedingungen für ein weltweit einmaliges Angebot an Röntgensystemen. Die Inbetriebnahme des neuen High-Tech-Systems soll bereits im Jahr 2026 erfolgen.
Der Auftakt für die Baumaßnahmen am Fürther Standort des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS wurde mit Partnerinnen und Partnern aus der Landes- und Lokalpolitik begangen. Dr. Markus Wittmann, Ministerialdirektor des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, Petra Guttenberger, MdL, Dr. Thomas Jung, Oberbürgermeister der Stadt Fürth, sowie Horst Müller, Wirtschaftsreferent der Stadt Fürth, verschafften sich ein Bild vor Ort und informierten sich über die Pläne der Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher.
Mit dem bereits 2013 in Betrieb genommenen XXL-CT-System hat das Entwicklungszentrum Röntgentechnik des Fraunhofer IIS den weltweiten Standard für die dreidimensionale Erfassung innerer und äußerer Strukturen von großen Objekten wie ganzen Fahrzeugen und Seefrachtcontainern gesetzt. Neben der schieren Durchdringungsfähigkeit des Systems, die es u. a. ermöglicht, feinste Details in vollmontierten Batteriespeichern sichtbar zu machen, zeichnen sich die Messergebnisse durch eine besonders hohe Bildqualität aus. Bislang schränkte jedoch die Aufnahmegeometrie des XXL-CT-Systems die Anwendung ein, da massive, längliche Objekte wie der Batteriespeicher eines modernen E-Fahrzeugs hochkant gestellt werden mussten, um eine hohe Bildqualität zu erzielen.
Überdimensionale »Röhre« für industrielle Anwendungen
Mit dem Neubau wird nun der notwendige Raum für die nächste Entwicklungsstufe der XXL-CT geschaffen: das neue System in sogenannter Gantry-Bauweise erinnert an die aus der Medizin bekannte »Röhre«, bei der Strahlenquelle und Röntgendetektor um die liegende Person herum rotieren.
Die Bauweise des Systems bringt zahlreiche Vorteile mit sich: die Prüfobjekte verbleiben in ihrer »natürlichen Lage«, was das Handling erheblich vereinfacht und dabei die Sicherheit für die meist sehr wertvollen Prüfobjekte erhöht. So können beispielsweise empfindliche Kulturgüter digitalisiert werden, ohne sie vermeidbaren Gefährdungen durch ein Aufrichten auszusetzen.
Besonders auf dem Gebiet der Elektromobilität erschließt die Bauweise eine Vielzahl interessanter Anwendungsmöglichkeiten: so können Batteriespeicher in verschiedenen Lebensdauersimulations- oder Belastungsphasen in einem brandhemmenden Containment untersucht werden, um die inneren Prozesse im Schadensfall besser nachvollziehen zu können.
Datenverarbeitung
Die vom System generierten Datenmengen von etwa 10.000 x 10.000 x 10.000 Voxeln stellen eine besondere Herausforderung für die Forschenden dar. Die Bildverarbeitung und -auswertung erfolgen mit Datensätzen, die mehrere Hundert Gigabyte umfassen können. Hierbei profitieren die Fraunhofer-Forschenden von Ergebnissen des Projekts »Big Picture«, das vom Bayerischen Wirtschaftsministerium an den Standorten Fürth, Deggendorf und Passau gefördert wurde. Im Rahmen des Projekts wurden neuartige Methoden für den Umgang mit sehr großen Datenmengen erforscht, wie sie insbesondere bei der Hochenergie-Computertomographie entstehen. Die Projektergebnisse wurden konsequent weiterentwickelt und stellen nun einen wesentlichen Baustein für das Datenhandling bei Hochenergie-Röntgensystemen dar.
Stimmen zur Veranstaltung:
Prof. Albert Heuberger, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IIS:
»Für die Durchstrahlung sehr großer Objekte sind Röntgenenergien von mehreren Megaelektronenvolt notwendig. Eine hochauflösende Darstellung mit diesen hohen Energien als Computertomogramm war bislang jedoch technisch nicht umsetzbar. Wir haben die Herausforderung angenommen und sind mit unserem XXL-Computertomographie-System neue Wege gegangen, die langwierig und anspruchsvoll waren. Wir haben dennoch an unsere Idee geglaubt und ein bahnbrechendes, einzigartiges System geschaffen, das die Grenzen des Möglichen in der industriellen Röntgentechnik neu definiert. Mit der nächsten Generation unseres XXL-CT Hochenergie-Röntgensystems setzen wir diesen Weg konsequent fort. Wir werden damit zahlreiche, ganz neue Anwendungsbereiche für unsere Kunden erschließen.«
Dr. Norman Uhlmann, Bereichsleiter Entwicklungszentrum Röntgentechnik des Fraunhofer IIS:
»Wir freuen uns sehr, unseren Anlagenpark nochmals mit einem Hochenergie-Röntgensystem zu erweitern! Die besondere Anlagengeometrie des geplanten XXL-Systems in Gantry-Bauweise ermöglicht es uns, Prüfobjekte wie Fahrzeuge oder Fracht-Container in ihrer natürlichen Lage zu untersuchen. Das bringt wesentliche Vorteile für uns und damit auch für unsere Kunden. Denn so schließen wir unerwartete Krafteinwirkungen auf das Messobjekt, die bislang durch das erforderliche Aufrichten der Objekte entstanden sind, aus. In Kombination mit unserem Know-how auf dem Gebiet der Röntgenbilderzeugung und -datenverarbeitung sind wir hervorragend für zukünftige Herausforderungen aufgestellt und bieten unseren Kunden ein einmaliges Angebot – von der Datenaufnahme über die Datenverarbeitung bis zur Auswertung und Entscheidungsfindung.«
Dr. Markus Wittmann, Ministerialdirektor im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie:
»Das Fürther Entwicklungszentrum Röntgentechnik des Fraunhofer IIS verfügt über herausragende Kompetenzen auf dem Gebiet der zerstörungsfreien Prüfung verschiedenster Materialien und Produkte. Mit dem Neubau einer Laborhalle, der mit 3,4 Millionen Euro vom Freistaat Bayern gefördert wird, wird es möglich, auch sehr große Werkstücke effizient zu untersuchen, was für die Bedarfe aus Wissenschaft und Wirtschaft von besonderer Bedeutung ist.«
Petra Guttenberger, MdL:
»Der Fürther Standort des Fraunhofer IIS ist eine Erfolgsgeschichte. Mit dem Erweiterungsbau werden nun weitere Anwendungsmöglichkeiten erschlossen, die für den Wirtschaftsstandort Bayern und Deutschland von entscheidender Bedeutung sind und es wird damit einmal mehr eine gelungene Verzahnung zwischen Forschung und Wirtschaft erzielt. Hier liegt die Keimzelle für weitere Arbeitsplätze und damit für den Wohlstand der Menschen in unserem Land.«
Dr. Thomas Jung, Oberbürgermeister der Stadt Fürth und Horst Müller, Wirtschaftsreferent der Stadt Fürth:
»Der Bau der neuen Laborhalle des Fraunhofer Instituts gibt den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den nötigen Raum für weitere bedeutende Forschungen. Wir sind begeistert, dass sich die Arbeit an dem weltweit einzigartigen Angebot an Röntgensystemen in der Kleeblattstadt dank des Fraunhofer IIS weiter manifestiert und die Wissenschaftsstadt Fürth nachhaltig stärkt.«