Egal ob Radio in der Küche oder im Auto, die analogen Radiowellen des klassischen Rundfunks werden zunehmend auch zur Übertragung von digitalen Signalen genutzt. Zusätzlich zu den inzwischen sehr weit verbreiteten Digitalradio-Systemen wie Digital Audio Broadcasting (DAB+) und Digital Radio Mondiale (DRM) hält auch das Internet in immer mehr Empfangsgeräten Einzug. Diese sogenannten Hybridradios erlauben damit neben UKW und Digitalradio auch die Nutzung von Internet-Radio.
Vor allem unterwegs sind solche Geräte nützlich, denn man kann sein regionales Radio- programm per Webstream überall mit hinnehmen, auch außerhalb des Sendegebiets. Wer beispielsweise mit dem Auto in Berlin ist und einen bayerischen Sender hören möchte, bekommt vom Autoradio automatisch den Internet-Livestream angeboten. Zurück in Bayern wird auf DAB+ oder – dort, wo das digitale terrestrische Signal nicht empfangbar ist – auf UKW zurückgegriffen.
Klassische Radioprogramme mit ihrem Mix aus Informationen und Unterhaltung sind auch in Zukunft von großer Bedeutung für die Fahrzeuginsassen. Eine flexible Nutzung der verschiedenen Übertragungswege und Verfahren ermöglicht es dem Fahrzeug-Entertainment-System, den gestiegenen Anforderungen nach mehr Qualität und Auswahl entgegenzukommen.
Im Auto kann jederzeit das Lieblingsprogramm laufen. Das Radio sucht sich die beste Quelle für diesen Service. Dies kann Digitalradio sein, ein Internet-Stream oder auch der traditionelle UKW-Rundfunk. Moderne Radioplattformen, die unsere Radio-Software-Komponenten nutzen, sind in der Lage, diese Auswahl im Hintergrund zu treffen und bei Bedarf für die Hörer kaum wahrnehmbar umzuschalten, falls sich die Empfangsbedingungen im fahrenden Auto ändern.
Die Flexibilität, die eine Verwendung von Software-Komponenten erlaubt, bietet zusätzlich die Möglichkeit, gleiche Radioplattformen für verschiedene Märkte oder Fahrzeugklassen zu konfigurieren und in Zukunft einfach zu erweitern. Man kann schon fast von einer Radio-App im Fahrzeug sprechen.
Ergänzt wird das Audioprogramm durch Datenservices wie Bilder, Textmeldungen und weitere Zusatzinformationen, die über die genannten Empfangspfade nutzbar sind. Ein hybrides Radio verknüpft hier die Vorteile eines Rundfunksystems mit den Möglichkeiten einer Internetverbindung.
Verglichen mit dem Rundfunksignal kann ein Internet-Stream eine Verzögerung von 20 Sekun- den und mehr haben. Beim Umschalten zwischen Rundfunk und Internet-Stream gehen die Inhalte dieser Zeitspanne entweder verloren oder werden doppelt abgespielt, was als störend wahrgenommen wird.
Mit »Fraunhofer Sonamic TimeScaling« werden beide Signale im Autoradio aneinander angeglichen und ein präziser, nicht wahrnehmbarer Übergang entsteht. Das Signal wird dabei so verzögert oder beschleunigt, dass ein unhörbares Überblenden möglich ist.
Natürlich funktioniert das auch in die entgegengesetzte Richtung, z. B. wenn das System erkennt, dass das Rundfunksignal wieder gut empfangbar ist. So kann nahtlos vom Internet-Stream zum Rundfunksignal übergeblendet werden, um die Nutzung von mobiler Datenrate für den Internetzugang zu minimieren.
Neben Zusatzdiensten ist es aber vor allem der Hörgenuss, durch den ein Radiosender sein Publikum an sich bindet. Im Digital- und Webradio kommt es dabei auf den Einsatz des besten Audiocodecs an: Dieser muss bei möglichst niedrigen Datenraten möglichst hohe Qualität liefern. Das Verfahren der Wahl ist bei immer mehr Streamingdiensten und im Digitalradio- standard DRM der Codec xHE-AAC (Extended High Efficiency AAC).
Dieses neueste Mitglied der AAC-Familie vereint erstmalig Sprach- und allgemeine Audiocodierung. Im Ergebnis erweitert sich somit die Spanne an nutzbaren Stereo-Datenraten auf 12 kbit/s bis hin zu 500 kbit/s oder höher. xHE-AAC wurde gezielt für adaptives Streaming entwickelt und ist neben MPEG-H Audio der einzige Codec, der nahtlos zwischen den verfügbaren Daten- raten sowie Qualitätslevels umschaltet. Die erforderlichen Audio-Bitraten werden im Vergleich zum Vorgänger-Codec HE-AAC bei vergleichbarer Qualität um bis zu 50 Prozent reduziert.
Mit Hybridradio kann man im Auto sein Lieblingsprogramm hören, auch wenn man das Sendegebiet verlässt. Die Rundfunkübertragung wird in diesem Fall mit dem dazugehörigen Internet-Stream nahtlos kombiniert. Für nicht hörbare Übergänge wird die Fraunhofer- Technologie Sonamic TimeScaling eingesetzt. Autoradios werden durch SDR-Plattformen mit der notwendigen Technologie zum Empfang von Webstreams ausgerüstet. In Zukunft soll sich die Bedienung der Rundfunkempfänger vereinfachen, sodass man gar nicht bemerkt, auf welchem Übertragungsweg das gerade gehörte Programm ins Radio kommt.
In Indien beispielsweise kommt der weltweit größte Digitalradio-Rollout gut voran. Der öffentlich-rechtliche Rundfunkanbieter All India Radio (AIR) macht die nationale terrestrische Rundfunkinfrastruktur fit für die Zukunft und nutzt dafür den digitalen Rundfunkstandard DRM. Dieser Standard ermöglicht als einziger, alle Anforderungen an die Abdeckung eines Flächenlandes wie Indien zu erfüllen und gewährleistet eine effiziente und vollständige Digitalisierung des Radios unabhängig davon, ob die Programme lokal oder regional, national oder sogar international empfangbar sein sollen.
Für einen nahtlosen Übergang von analogem zu digitalem Radio sendet AIR zunächst gleichzeitig analog und digital. Die digitalen Inhalte werden mit dem in DRM standardisierten Codec xHE-AAC codiert. Da xHE-AAC gleichermaßen für Sprach- und Musik- inhalte optimiert ist, muss die Konfiguration des Digitalradios auch nicht mehr in Abhängigkeit von der Art der aktuell gesendeten Audioinhalte verändert werden.
In Indien zeigt die Automobilindustrie ein großes Engagement für DRM: Anfang Mai 2018 überstieg die Zahl der mit DRM-Radios ausgestatteten Autos 800.000. Fast alle führenden Hersteller haben DRM bereits in ihre Fahrzeuge eingebaut, darunter Hyundai und Suzuki.
Somit spielt auch Hybridradio zukünftig eine große Rolle in Indien. Je nach aktuellem Empfang kann dann das Radio automatisch zwischen DRM und dem xHE-AAC-Livestream der Station im Internet umschalten, um eine bestmögliche Qualität und einen unterbrechungsfreien Radiogenuss sicherzustellen.