5G-Lokalisierung mit Uplink-TDOA (Time Difference of Arrival) im industriellen Umfeld

12.09.2022 | Maximilian Kasparek, Andreas Eidloth und Jochen Seitz im Interview

Interview Maximilian Kasparek und Andreas Eidloth

AI-Forschungsschwerpunkte für Lokalisierungssysteme von der Kategorisierung über Lokalisierungsmethoden und Abschätzung der Zuverlässigkeit bis hin zu kontinuierlichem Lernen.

Welche Lokalisierungs-Genauigkeiten können wir heute schon mit 5G-Lokalisierung (Uplink-TDOA) erreichen?

Bei der Uplink-TDOA-Methode wird Triangulation zur Lokalisierung eingesetzt. Das zu lokalisierende Objekt sendet hierbei Lokalisierungsnachrichten im Uplink zu den Basisstationen. Wir erreichen mit unserer Emulationsplattform bereits eine Genauigkeit von unter 50 cm in der horizontalen Ebene in einer leeren Halle.

Wie verändert sich die Genauigkeit mit den zukünftigen 5G-Releases?

Die initiale Umsetzung der Lokalisierung in 5G erfolgte in Release 16. Für diese wurde eine horizontale Genauigkeit für kommerzielle Use-Cases von kleiner zehn Metern für 80 % der Positionsbestimmungen outdoor gefordert und auf deren Machbarkeit hin untersucht. Indoor ist eine Genauigkeit von unter 3 Metern das Ziel. In Release 17 beträgt diese Zielmarke – unabhängig von indoor oder outdoor – bereits ein Meter für 90 % der Positionsbestimmungen. Wie gut diese Zieldefinition in der Praxis eingehalten wird, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Kann die entwickelte Lokalisierungs-Algorithmik auch in öffentlichen Netzen eingesetzt werden?

Wenn eine 5G-Lokalisierungslösung verfügbar ist, kann diese prinzipiell sowohl in Campus-Netzen als auch in öffentlichen Netzen eingesetzt werden. Allerdings erfordert eine Lokalisierung nach dem Uplink-TDOA-Verfahren eine hochgenaue Zeitsynchronisation zwischen den Basisstationen, die in Campusnetzen einfacher realisiert werden kann als in öffentlichen Netzen. In den Letztgenannten müsste hierbei auf die Zeitverteilung mittels GNSS zurückgegriffen werden.

Wann wird die 5G-Lokalisierung am Markt verfügbar sein?

Diese Frage ist nur mit einer gewissen Unschärfe zu beantworten, da die über UE (User Equipment), RAN (Radio Access Network) und 5G-Core verteilte Lokalisierungsfunktionalität zusammengebracht werden muss. Bis zu einer großflächigen Marktverfügbarkeit wird es deshalb voraussichtlich noch etwas dauern.

Interview Jochen Seitz

Komplexe Ausbreitungsbedingungen in Industrieumgebungen mit Reflektionen, Streuungen, Beugungen erfordern den Einsatz von AI zur Gewährleistung einer hohen Genauigkeit und Robustheit der Lokalisierung.

Wie einfach ist die Implementierung der 5G-Lokalisierung (Uplink-TDOA) im industriellen Umfeld?

Mit dem Rollout von 5G und der Vergabe privater Frequenzen im Bereich zwischen 3,7 und 3,8 GHz steigt die Nachfrage nach der Lokalisierung in nichtöffentlichen 5G-Netzen bzw. Campusnetzen. Mit vielen Endgeräten ist eine Lokalisierung mit Uplink-TDOA schon prinzipiell möglich, da die standardisierten Verfahren und Signale implementiert sind. Die notwendigen Komponenten für den Empfang und die Verarbeitung der Signale in Campusnetzen sind allerdings noch in der Entwicklung.

Für welche Kunden ist das 5G-Lokalisierungsangebot des Fraunhofer IIS interessant?

5G-Lokalisierung ist vor allem für Kunden von Interesse, die über ein eigenes 5G-Campusnetz nachdenken oder diese bereits planen. Besonders aus den Bereichen Fertigung und Logistik erhalten wir dazu Anfragen. Wir unterstützen Kunden dabei Anwendungsfälle für 5G-Lokalisierung zu identifizieren, auszuarbeiten, zu bewerten und vorab durch Untersuchungen in unseren Testbeds oder zukünftig auch vor Ort beim Kunden zu erproben. Dadurch kann zunächst der Entscheidungsprozess bei unseren Kunden unterstützt werden und anschließend der Kunde auf dem Weg hin zu eigenen nachhaltigen Systemen begleitet werden.

Wie kann man mit Fraunhofer im Bereich 5G Lokalisierung zusammenarbeiten?

Das Fraunhofer IIS erforscht, entwickelt und testet seit über 20 Jahren Lokalisierungstechnologien. Auf Basis unserer langjährigen Erfahrung aus Forschungs- und Entwicklungsprojekten insbesondere im Bereich der Funklokalisierung und Funkkommunikation, sowie unserer Mitarbeit in der Standardisierung, bieten wir ein breites Beratungsangebot rund um maßgeschneiderte Lokalisierungslösungen mit 5G. Neben der Beratung kann man mit uns natürlich auch direkt im Auftrag oder in öffentlich geförderten Projekten in der Erforschung und Entwicklung von 5G Lokalisierungslösungen zusammenarbeiten.

Wann dürfen wir mit zukünftigen Updates rund um AI rechnen, welche Innovationen sind damit möglich?

In der weltweiten Forschungsgemeinschaft zu Lokalisierungssystemen ist AI bereits ein Kernthema für die Weiterentwicklung bestehender und die Realisierung neuer Verfahren. Ich denke mit der Umsetzung neuer Releases in Produkte sind Updates durch AI zeitnah realisierbar, da in der Regel die notwendige Rechenleistung in den Systemen bereits vorhanden ist oder ausgebaut werden kann. Wir testen auch bereits unsere eigenen Ansätze in der 5G-Lokalisierung mit Uplink-Signalen, um die erreichbare Genauigkeit auch in Bereichen verfügbar zu machen, in denen Ausbreitungseffekte wie Abschattungen, Reflektionen und Streuungen die Lokalisierung auf Basis von TDOA-Verfahren sehr erschweren oder gar unmöglich machen. Dies ist insbesondere innerhalb von komplexen Produktions- und Logistikumgebungen für eine präzise und flächendeckende Lokalisierung von großer Bedeutung.

Welche Entwicklungen und Tests wurden bereits mit der Industrie durchgeführt?

Diese sind auf Grund der zahlreichen durchgeführten und auch laufenden Forschungs- und Industrieprojekte sehr vielfältig. Zum Thema 5G-Lokalisierung beraten wir vor allem Industriekunden, entwickeln und testen Systemkomponenten mit oder für Ausrüster und arbeiten gemeinsam mit Verbänden und aktiv in der Standardisierung. Viele Anwendungen werden in den Bereichen Produktion und Logistik bearbeitet. Anwendungen sind hier beispielsweise die Überwachung und Steuerung fahrerloser Transportsysteme (AGV, UAV), die Digitalisierung von Materialfluss- und Lagermanagement, bis hin zum industriellen Internet der Dinge (IIoT). Anwendungsprojekte gibt es aber auch im Rettungswesen zur Lokalisierung von Rettungskräften am Einsatzort oder zum Einsatz von Drohnen und autonomen Fahrzeugen zur besseren Lageeinschätzung.

Nomadischer Lokalisierungsansatz auf Basis eines zentralen Rechenclusters im L.I.N.K.-Mobil für die frühzeitige Erprobung der Lokalisierung in 5G-Industrienetzen mit minimalem Installationsaufwand für RAN-Komponenten vor Ort.

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