Carola Dahlke ergänzt: »Mit solchen 3D-Modellen kann man zum Beispiel auch millimetergenaue Nachbauten der Enigma und anderer Chiffriergeräte anfertigen.« Und man könne auch endlich feststellen, in welchem Zustand bestimmte Exponate sind, die man nicht einfach aufschrauben kann. »Unser Schlüsselgerät 41 war ja ein Bodenfund. Das Chiffriergerät hat nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs rund 70 Jahre in der feuchten Erde gelegen, und wir wissen nicht, wie sein Inneres ausschaut.«
Weiterer großer Vorteil für die Forschung an den Chiffriergeräten: Man kann die verschiedenen Exemplare desselben Typs auf Abweichungen hin vergleichen. »In der Sammlung des Deutschen Museums sind allein vier Chiffriergeräte des skandalumwitterten Hagelin-Modells CX52 – es wäre sehr spannend, hier Unterschiede in der Mechanik zu finden«, sagt Carola Dahlke. Die Schweizer Crypto AG von Boris Hagelin hatte nämlich Maschinen mit unterschiedlich hohen Sicherheitsstandards produziert. Die weniger sicheren Varianten erlaubten dem US-Geheimdienst, vermeintlich sicher verschlüsselte Nachrichten mitzulesen – ein streng geheimer Deal, der erst 2020 aufflog.
All diese Forschungsergebnisse werden möglich dank modernster Technik im Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT in Fürth. Den dortigen XXL-Scanner kann man sich ungefähr vorstellen wie einen Computertomographen beim Arzt – nur, dass sich hier keine Röntgenröhre um einen Menschen herumdreht, sondern das Objekt auf einem Drehteller platziert wird und sich dreht, während die Röntgenquelle an ihrem Platz bleibt. Und auch die Röntgenquelle ist viel stärker als bei einem medizinischen Computertomographen. »Das ist nötig, da die Objekte zu einem großen Teil aus Metall bestehen und für konventionelle Röntgenröhren damit schwer zu durchdringen sind«, erklärt Nils Reims, Projektleiter 3D-Cipher am Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT. So lassen sich auch die letzten mechanischen Geheimnisse der streng geheimen Chiffriergeräte ans Licht zu bringen.