Das Bayerische Chip-Design-Center wird die Innovationskraft und die Wirtschaft in Bayern stärken

19. September 2022 | Interview mit Dr. Thorsten Edelhäußer, Leiter der Forschungsplanung am Fraunhofer IIS

Um die europäische Führungsposition bei den fortgeschrittenen Halbleitertechnologien der nächsten Generation zu sichern, reicht ein Investment in Fertigungsmöglichkeiten nicht aus. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Ergebnisse aus europäischer Forschung und Entwicklung in ausgereifte und herstellbare technologische Innovationen in Europa umzusetzen. Der Freistaat Bayern fördert dazu ein Vorprojekt, das das »Bayerische Chip-Design-Center BCDC« auf den Weg bringen soll. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat am 19. September 2022 zum Aufbau des Centers einen Förderbescheid in Höhe von knapp 1 Mio. Euro an die Fraunhofer-Institute AISEC, EMFT und IIS übergeben.

 

Wir befragten Dr. Thorsten Edelhäußer, Leiter der Forschungsplanung am Fraunhofer IIS, zum Aufbau und zu den Aufgaben des Chip-Design-Centers.

Wem wird das »Bayerische Chip-Design-Center« nutzen und wie?

Dr. Thorsten Edelhäußer: Hauptadressaten sind der bayerische Mittelstand, Start-Ups mit und ohne Erfahrung im Chipdesign aber auch größere Unternehmen. Das Center wird diese Unternehmen dabei unterstützen, ihre Innovationen mit Chipdesign umzusetzen. Dazu schafft das Center gemeinsam mit Partnern einen niederschwelligen Zugang zu hoch entwickelten generischen Schaltungsblöcken, wie Intellectual Property Cores (IP-Cores) oder ganzen IP-Plattformen, wie z.B. RISC-V, und unterstützt bei der Entwicklung von der Spezifikation beginnend, über das Schaltungsdesign, dem Zugang zu Fertigungskapazitäten, bis zum Packaging von Chips und Serientests.

Begleitet werden diese Angebote durch ein aktives Networking der bayerischen Design-Community, um gemeinsam technische Roadmaps für Vorentwicklungen, IP-Portfolios und Anwendungen zu definieren. In Kombination mit einer starken Komponente der Nachwuchsförderung und professionellen Weiterbildung soll gemeinsam mit bayerischen Universitäten und Hochschulen dem Mangel an professionellen Fachkräften für Chipdesign begegnet werden.

 

Was ist innerhalb des Vorprojekts geplant und warum gibt es ein Vorprojekt?

Dr. Thorsten Edelhäußer: Für den erfolgreichen Aufbau des Chip-Design-Centers ist ein Vorprojekt erforderlich, in welchem grundlegende Konzeptionsaufgaben und dafür notwendige Forschungsarbeiten durch die drei beteiligten Fraunhofer-Institute AISEC, EMFT und IIS durchgeführt werden. Das Ziel des Vorprojekts ist es, die Organisation und deren Strukturen sowie bereits Netzwerke aufzubauen und erste inhaltliche Forschungsarbeiten zu starten, um damit die Basis für das »Bayerische Chip-Design-Center BCDC« zu legen.

Im Vorprojekt bündeln wir die Kompetenzen im Chipdesign der drei Fraunhofer-Institute und stellen gemeinsam mit unseren Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft die Weichen für das »Next level« des Chipdesigns in Europa. Das BCDC soll ja nicht nur den Zugang zur Fertigung von Chips in Europa fördern, sondern genauso die Innovationsfähigkeit des Kontinents voranbringen. Das heißt, mit dem Forschungszusammenschluss schaffen wir die Grundlagen für Innovationen und die Anschlussfähigkeit von Europa an den Weltmarkt.

 

Was ist innerhalb des Hauptprojekts geplant?

Dr. Thorsten Edelhäußer: Das BCDC soll die Forschungskompetenzen bündeln, das Netzwerk mit der Industrie ausbauen, dabei Synergieeffekte hebeln und strategische Projekte vorantreiben. Wir denken hier an Netzwerke mit der Industrie wie die Strategische Partnerschaft Sensorik, an Synergieeffekte mit dem Zentrum Trusted Electronics Bayern und der Bavarian Chip Alliance, sowie an gemeinsame strategische Forschungsprojekte beispielsweise im Bereich neuromorphes Computing oder RISC-V. Letztendlich soll ein großer bayerischer Kompetenz-Pool mit Fachkräften für Chipdesign und ein niederschwelliger Zugang zur Chip-Fertigung mit all seinen Facetten entstehen.

Besonders wichtig dabei ist auch die Förderung der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für Chipdesign. Das Berufsfeld ist sehr breit aufgestellt und wir brauchen Kompetenzen beispielsweise in den Bereichen für neuartige Strukturgrößen < 10nm, vor allem im Digital-Design, aber auch im Analog/Mixed-Signal- sowie Hochfrequenz-Design, um der Industrie auf allen Ebenen mehr gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Das betrifft nicht nur Studienabsolventen, sondern auch Berufserfahrene und beinhaltet die Stärkung der Fachlaufbahnen z.B. durch gezielte Weiterbildungsprogramme zum »Senior Chip Designer« in Kooperation mit bestehender Uni-Ausbildung sowie Aufbau von erfahrenen Fachkräften durch Mitarbeit an Forschungsprojekten im Training-on-the-Job.

 

Was ist die Rolle des Fraunhofer IIS und warum ist das Fraunhofer IIS dafür so gut geeignet?

Dr. Thorsten Edelhäußer: Das Fraunhofer IIS betreibt seit jeher internationale Spitzenforschung für mikroelektronische und informationstechnische Systemlösungen und Dienstleistungen und ist in Europa eines der größten Forschungsinstitute für das Design von iIntegrierten Schaltungen, das an der Entwicklung innovativer und integrierter digitaler und Mixed Signal-Systeme forscht.

Wir verfügen über ein umfangreiches Know-how für das Design von analogen, digitalen und Mixed-Signal-Schaltungen mit industriellen Anforderungen und langjährige Erfahrung im professionellen Chipdesign, nicht nur für Anwendungen mit hohem Anspruch an niedrigem Energieverbrauch, sondern auch an Rechnerplattformen für das Hochleistungsrechnen. Nicht zuletzt zeichnet uns unsere Expertise im Europractice-Projekt aus. Hier ermöglichen wir vor allem Universitäten und KMU den Zugang zu Multiproject-Wafern für die Fertigung von Chips mit kleinen Stückzahlen und begleiten auch die Serienüberführung – und das bereits seit Jahrzehnten.

 

Es ist oft die Rede von den guten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten am Fraunhofer IIS. Wie genau sehen diese Möglichkeiten aus und welche Chancen bieten sie für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und für die Industrie?

Dr. Thorsten Edelhäußer: Das Fraunhofer IIS hält in der Tat einen hohen Standard an interner Weiterbildung von Fachkräften für Chipdesign. Wir bieten fachliche Schulungen nach einem definierten Ausbildungsplan, zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten, auch auf persönlicher Ebene, und die Begleitung von Berufseinsteigern durch erfahrene Fachexpertinnen und -experten. Nicht zuletzt arbeiten die jungen Forschenden bei uns von Anfang an in Industrieprojekten mit und lernen so die Bedingungen und Bedarfe der Wirtschaft kennen. Nach dieser umfangreichen Förderung verlassen sie das Fraunhofer IIS als professionelle Designerinnen und Designer. So können wir der Industrie gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte zur Verfügung stellen.

 

 

 

 

 

 

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