Quantencomputing für die Optimierung

26. April 2021 | Mit einer Kick-Off-Veranstaltung am 29. April 2021 startet das Bayerische Kompetenzzentrum Quanten Security and Data Science, kurz BayQS. Das Zentrum dient der Erforschung und Entwicklung von Grundlagenkonzepten und Lösungen sowie der Evaluierung von Prototypen im Bereich Quantencomputing. Prof. Alexander Martin und Markus Weissenbäck sind bei der Veranstaltung dabei und erklären hier, wie das Fraunhofer IIS Quantencomputing für die Optimierung von Methoden und Anwendungen einsetzen will.

BayQS behandelt das Thema Quantencomputing an den drei Themenschwerpunkten Sicherheit, Robustheit und Optimierung. Das Fraunhofer IIS bringt sich mit seinen Erfahrungen und Kompetenzen im Bereich der QC-gestützen Optimierung von Systemen ein.

Prof. Alexander Martin, Institutsleiter am Fraunhofer IIS erläutert: »Quantencomputing ist das Next Level, um Optimierungsprobleme zu lösen. Dementsprechend werden wir unsere Expertise aus dem Bereich der klassischen Optimierung einbringen und darauf aufbauend Lösungen von komplexen realen Anwendungsproblemen mittels Quantencomputing erforschen. Wir arbeiten an Methoden der QC-gestützten Optimierung, um reale Probleme aus den Bereichen der Röntgenbild-Rekonstruktion, des Beamformings im Mobilfunk als auch Planungs- und Routenprobleme aus der Logistik in Zukunft effizienter zu lösen.«

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Prof. Dr. Alexander Martin, Institutsleiter

QC löst mathematische Optimierungsprobleme bei der Röntgencomputertomographie

Bei der Bildgebung, Sensorik und Signalverarbeitung im Entwicklungszentrum Röntgentechnik ist es unser Ziel, eine Quantencomputer-getriebene Bild- und Signalverarbeitung zu ermöglichen. Unser Fokus liegt darauf, mathematische Optimierungsprobleme mittels QC effizient zu lösen. Diese treten sowohl bei der Signalrekonstruktion, als auch der Planung von optimalem Einsatz von Sensorik auf.

Dies tun wir konkret am Beispiel der Röntgencomputertomographie, einer 3D-bildgebenden Technik für den Einsatz in der industriellen Messtechnik. Quantencomputing kann hier Probleme bei der Computertomographie-Rekonstruktion und kombinatorisch komplexe Optimierungsaufgaben für die CT-Messplanung lösen.

 

Quantenbasierte Lernverfahren liefern schneller und effizienter Ergebnisse für funkbasierte IoT-Systeme

Im Bereich Lokalisierung und Vernetzung untersuchen wir hybride Quantenalgorithmen zur Lösung dynamischer, also zeitabhängiger Optimierungsprobleme. Hierunter fallen beispielsweise sequentielle Entscheidungsprobleme und Probleme zur Steuerung komplexer Systeme.

Wir setzen bereits Methoden des sogenannten Reinforcement Learning erfolgreich ein, um für derartige Problemstellungen entsprechende Regel- und Kontrollstrategien auf datengetriebene Art und Weise automatisiert zu erlernen. Darüber hinaus bieten Quantenalgorithmen und Methoden des Quantum Machine Learning durch ihre gezielte Ausnutzung quantenmechanischer Effekte das Potenzial, die Lernverfahren zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, um so z.B. die Menge an benötigten Daten zu reduzieren.

Konkret erforschen wir Quantenalgorithmen und Quantum Machine Learning Methoden für den Anwendungsfall des MIMO-Beamforming (MIMO: multiple in, multiple out), eine bisher sehr rechenintensive Technik zur Erzeugung gerichteter Funkkanäle.

Ein denkbares Szenario für funkbasierte IoT-Systeme in der Industrie könnte die wesentlich effizientere Berechnung für lernende Verfahren sein. So kann beispielsweise eine schnellere, energieeffizientere und präzisere Anpassung der Antennen- und Funksysteme an sich situativ verändernde Umgebungsbedingungen für mobile Industrieanwendungen umgesetzt werden. Quantenbasierte Lernverfahren können hier schneller und effizienter Entscheidungen und Ergebnisse liefern.

 

QC bringt Vorteile in der Berechnung komplexer Optimierungsaufgaben in der Logistik

Viele Fragestellungen und Herausforderungen aus dem Bereich der Logistik lassen sich als mathematische Probleme formulieren und anschließend mit algorithmischen Methoden lösen. Dazu zählen unter anderem Planungs- und Routenprobleme.

Ein grundsätzliches Problem, welches vielen gängigen Quantenalgorithmen gemein ist, stellt die Anforderung an die Hardware dar: Für praxisrelevante Problemgrößen ist diese so groß, dass sie von derzeitigen und geplanten Quantenrechnern nicht erfüllt werden kann. Einen Versuch, dieses Problem zu umgehen, bilden die hybriden Variationsansätze (engl. Variational Quantum Eigensolver). Hierbei werden klassisch algorithmische Methoden zur Lösung von Optimierungsproblemen mit Quantenalgorithmen kombiniert, um bereits kleinste Quanten-Ressourcen bestmöglich auszuschöpfen.

 

 

Markus Weissenbäck
© Fraunhofer IIS/Valentin Schilling
Markus Weissenbäck, Gruppenleitung Optimization

Quantencomputer sind digitalen Computern überlegen

Markus Weissenbäck ist Leiter der Gruppe Optimization im Bereich Arbeitsgruppe für Supply Chain Services und bringt seine Kompetenzen in mathematische Optimierungsverfahren im Kontext von Quantencomputing ein: »Quantencomputer sind klassischen Computern überlegen. Sie zeichnen sich aus durch quantenmechanische Superposition, Verschränkung sowie Interferenz aus und sind zur Lösung spezieller Problemklassen, insbesondere Optimierungsproblemen geeignet. Eingesetzt werden sie aller Voraussicht nach als Co-Prozessoren in High-Performance-Computing-Clustern. Für uns Forschende ist es eine große Herausforderung mit aktuell verfügbarer, fehleranfälliger Quantenhardware absehbare Anwendungspotenziale zu identifizieren und zu erschließen.«

Exklusiver Zugang zum europäischen IBM-Quantencomputer

Mit dem Ziel der Erforschung und Entwicklung von neuen technologischen Lösungen auf dem Gebiet des Quantencomputings hat die Fraunhofer-Gesellschaft seit Februar 2021 einen exklusiven Zugang zum europäischen IBM-Quantencomputer »IBM Q System One« in Ehningen bei Stuttgart. Der Quantencomputer befindet sich auf dem neuesten Stand der Technik und bietet der hiesigen Wirtschafts- und Innovationslandschaft eine Vielzahl an anwendungsbezogenen Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten durch die Möglichkeit, eigene Algorithmen auf dem deutschen IBM-Quanten-Computer unter deutschem Datenschutz- und IP-Recht zu testen.

Neue Angebote für zukunftsweisende Zusammenarbeit

Das BayQS ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Fraunhofer-Institute und akademischer Partner. Federführend ist das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC in Garching bei München. Weiter wirken mit das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS in München sowie das Fraunhofer IIS mit Hauptsitz in Erlangen. Als akademische Partner sind die Technische Universität München, die Ludwig-Maximilians-Universität München und das Leibniz-Rechenzentrum eingebunden.

Die Geschäftsführung von BayQS erarbeitet Rahmen für den internationalen Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über beispielsweise wissenschaftliche Symposien und etabliert Maßnahmen zur Förderungen des wissenschaftlichen Nachwuchses beispielsweise über eine internationale Summer School.

Ein geplanter Industrieworkshop wird dazu dienen, Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ins Gespräch zu bringen. Forschungseinrichtungen stellen ihre Forschungsprojekte und potenzielle Anwendungen vor. Industriepartner haben die Gelegenheit, eigene Anwendungsszenarien darzustellen und zu diskutieren und bekommen einen Überblick darüber, welche potenziellen Chancen sich für ihre Branche durch Quantencomputing ergeben. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, Anwendungspartnerschaften für erste Pilot- und Testimplementierung und Folgeprojekte zu diskutieren.

Weiterbildungs-und Schulungsangebote fokussieren auf zwei Zielgruppen; die erste Gruppe sind Entscheiderinnen und Entscheider oder Technologie Scouts der Unternehmen, die sich einen Überblick über potentielle Chancen und Risiken des Quantencomputing für ihr Unternehmen machen möchten. Diesen sollten die nötigen Hintergrundinformationen zu Stand und Entwicklungsprognose der Hard-und Softwaretechnologien sowie Werkzeuge zur Potenzialanalyse für ihre Investitionsentscheidung an die Hand gegeben werden. Die zweite Gruppe sind Entwicklerinnen und Entwickler, Data Scientists und Security Analysten, die in der Verwendung der im Rahmen des Projekts entwickelten Technologien, Algorithmen oder Programmiersprachen geschult werden müssten.

In der Fraunhofer Academy mit dem Fraunhofer Data Scientist Zertifizierungsprogramm und dem Lernlabor Cybersicherheit gibt es bereits eine bestehende Infrastruktur für Weiterbildungsangebote mit etablierten Vertriebskanälen und MarketingInstrumente, an die mit den neuen Inhalten angeknüpft werden könnte.

Mehr zu BayQS

BayQS am Fraunhofer IIS

  • Bildgebung, Sensorik und Signalverarbeitung
  • Logistik
  • Mobilfunk und funkbasierte Lokalisierung

 

 

BayQS am Fraunhofer AISEC

Allgemeine Informationen über Ziel, Angebote und Anwendungsschwerpunkte von BayQS.

Kick-off-Veranstaltung am 29. April 2021

Start des Bayerischen Kompetenzzentrums Quanten Security und Data Science am 29. April 2021, 14-16 Uhr

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