Für die Planung von Neubauten oder die Erweiterung von Gebäuden setzt das Team von Jan Bräunig auf Digitale Zwillinge. Das Team gleicht den Ist-Zustand der Liegenschaft ab und plant Ausbauoptionen virtuell weiter. Für die Leipziger Verkehrsbetriebe haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unlängst die Erweiterung des Betriebsgeländes um ein großes Werkstattgebäude simuliert. Offen war zunächst, ob das schon bestehende Erdsondenfeld ausreicht, um das neue Gebäude künftig mit Wärme zu versorgen. Die Simulation zeigte, in welchem Umfang sich verschiedene Entwürfe an die bestehende Wärmeversorgung einbinden lassen.
Für die Planung und Analysen von Gebäuden setzt das Team auch Verfahren der Künstlichen Intelligenz wie zum Beispiel das »Reinforcement Learning« ein. Ein lernendes System, ein sogenannter Agent, optimiert dabei durch wiederholte Simulation die Entwürfe. Der adaptive Agent lernt eigenständig und schrittweise, welche Aktionen ihn zu den besten Ergebnissen führen, indem er die Folgen seiner Handlungen bewertet und sein Verhalten entsprechend anpasst. Diese intelligente Optimierung berücksichtigt auch flexible Strompreismodelle, mit denen sich der Energiebedarf eines Gebäudes in Abhängigkeit vom aktuellen Strompreis optimal konditionieren lässt. Wärmepumpen mit Speichern können beispielsweise nachts anspringen, wenn der Strompreis niedriger ist.
Inzwischen gibt es im Fachteam von Jan Bräunig einen Hardware-in-the-Loop-(HIL)-Teststand, mit dem sich verschiedene Komponenten der Gebäudetechnik unter realistischen Bedingungen prüfen lassen. Der Teststand kann die Wärmesituation von Einfamilienhäusern oder auch kleinen Mehrfamilienhäusern real nachstellen – einschließlich des Verhaltens der Bewohnenden; etwa das Zapfen von Warmwasser zum Trinken. Um die Außengeräte von Luft-Wärmepumpen unter realistischen Wetterbedingungen zu prüfen, steht eine leistungsstarke Klimakammer zur Verfügung.
Im Team von Jan Bräunig im Bereich Entwicklung adaptiver Systeme wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Analyse-Methoden entwickelt, um Gebäude für Kunden oder öffentliche Auftraggeber energieeffizienter zu machen. Im Blick hat das Team bislang sowohl Bestandsgebäude, deren Energieverbrauch verringert werden muss, als auch Neubauten und den Ausbau von Liegenschaften. Um die Situation im Bestand zu analysieren, kommt neben der automatischen Analyse tausender Datenpunkte ein am Fraunhofer IIS entwickelter Messkoffer zum Einsatz, der ergänzende Messpunkte abgreift – etwa zu den Volumenströmen im Heizungsvor- und -rücklauf, zu elektrischen Strömen sowie Temperaturen. »Als Facilitymanager kann man nicht viel mehr als ein Dutzend Werte im Blick behalten – wir messen ein Vielfaches davon«, sagt Jan Bräunig. Der Messkoffer ist flexibel einsetzbar und besitzt verschiedene Schnittstellen, um zusätzliche Daten aus dem Gebäude herauszulesen. Diese werden über Mobilfunk auf den Fraunhofer-Server hochgeladen, um dann umfassend und möglichst automatisiert mit intelligenten Algorithmen ausgewertet zu werden.