Automatisiert Halten an der Stopplinie – Live-Demo mit der Bertrandt AG

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Nürnberg/Regensburg: Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS zeigte zusammen mit der Bertrandt AG in einer Live-Demo, wie in Zukunft Autos automatisiert an Stopplinien halten. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu vernetztem Fahren mit mehr Komfort und Sicherheit für den Nutzer. In der Continental Arena Regensburg konnten sich am 3. und 4. Juli 2017 Experten aus der Automobilbranche in Testfahrten von der Leistungsfähigkeit der vorgestellten Lösung überzeugen.

© Bertrandt AG
Cockpit-Ansicht der Live-Demo.
Testfahrt im Versuchsträger.
© Bertrandt AG
Testfahrt im Versuchsträger.
Das Team des Fraunhofer IIS und Bertrandt mit dem Versuchsfahrzeug.
© Bertrandt AG
Das Team des Fraunhofer IIS und Bertrandt mit dem Versuchsfahrzeug.

In der Automobilindustrie ist das »Autonome Fahren« mehr als ein Trend. Für Klaus Härtl, Fachbereichsleiter Elektronik Entwicklung bei der Bertrandt AG, steht fest: »Partnerschaften, die verschiedene Kompetenzen bündeln, sind unerlässlich, um den damit verbundenen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Mit der Kooperation zwischen Bertrandt und dem Fraunhofer IIS nutzen beide Partner Synergien: Bertrandt bringt seine Erfahrungen zum autonomen Fahren sowie den fahrzeugnahen Themen wie dem Fahrzeug-Know-how und dem gesamtheitlichen Fahrzeug- und Systemverständnis, um die dargestellte Funktion im Kontext der Steuergeräte-Architektur ins Fahrzeug zu integrieren, ein. Das Fraunhofer IIS steuert wertvolles Know-how zu den Lokalisierungstechniken bei«.

 

Vorhandene Technologien intelligent vernetzen

Ergebnis der aktuellen Zusammenarbeit ist eine Live-Demo, die am 3. und 4. Juli 2017 ausgewählten Kunden und Partnern erstmalig präsentiert wurde. »Im Zuge des Innovationsprojektes zu vernetzten Assistenzsystemen ist einer der Showcases das ‚Halten an der Stopplinie' entstanden«, so Klaus Härtl weiter.

Dr. Wolfgang Felber, Leiter des Geschäftsfelds Lokalisierung am Fraunhofer IIS, erläutert den technischen Ansatz: »Der Vorteil ist, dass wir Technologien nutzen, die schon heute in jedem modernen Fahrzeug vorhanden sind. Dadurch wird keine zusätzliche Hardware benötigt, um die Lösung auf die Straße zu bringen. Allein die intelligente Kombination vorhandener Technik zur genaueren Lokalisierung macht dies möglich«.

 

Automatisiert Halten ohne (selbst) zu bremsen

Kunden und Partner nutzten die Veranstaltung in Regensburg, um im Versuchsfahrzeug Platz zu nehmen und sich von der Leistungsfähigkeit der prototypischen Lösung zu überzeugen. Durch die Integration des Systems in bestehende Assistenzfunktionen wird der Fahrer nicht durch eine zusätzliche Anzeige abgelenkt. Im Cockpit ist ersichtlich, in welcher Entfernung sich die Stopplinie befindet, an der gehalten werden soll.

Geschwindigkeitsabhängig wird etwa 100 Meter vorher der automatische Bremsvorgang eingeleitet. Andere Assistenzsysteme werden durch die zusätzliche Funktion nicht beeinflusst. Die realisierte Lösung lässt das Fahrzeug auf ca. 50 Zentimeter genau an der Stopplinie halten – allein durch die Nutzung neuartiger Korrekturdaten. Diese Genauigkeit kann bei Bedarf auch durch den Einsatz verbesserter Technik gesteigert werden. Standard-GPS-Empfänger, wie sie bislang eingesetzt werden, ermöglichen nur eine Positionierung im Meterbereich.

 

Gut kombiniert zur hochgenauen Lokalisierung

Damit das Auto genau an der Stopplinie zum Halten kommt, sind Infrastrukturdaten notwendig, wie die Position von Stopplinien, Ampeln usw. Darüber hinaus ist eine zuverlässige und genaue Lokalisierung erforderlich. Dazu erläutert Dr. Felber: »Die Leistung eines Standard-GPS-Empfängers genügt diesen Ansprüchen nicht. Korrekturdaten, wie sie bislang verwendet werden, erhöhen zwar dessen Genauigkeit, werden aber nur auf Abruf per Mobilfunk übertragen und benötigen wertvolle Bandbreite.

Neuere Korrekturdaten sind in einer Region verwendbar und können von allen Fahrzeugen in dieser genutzt werden. Das von Bertrandt und uns entwickelte Verfahren setzt auf den digitalen Radiostandard DAB als Broadcast-Medium. Zukünftig sind aber auch andere Übertragungswege denkbar, z. B. über den neuen Mobilfunkstandard 5G oder per Satellit.

Wir möchten zeigen, was schon jetzt mit aktueller Technik möglich ist.« Bei Ausfall des GPS-Empfangs oder der Korrekturdaten kann auf die Fahrzeug-Inertialsensorik und Odometrie, die Positionsschätzung des Fahrzeugs anhand der Radumdrehungen, zurückgegriffen werden.

 

Präzise Ortsinformationen für Schwarmdaten

Im Mittelpunkt des vorgestellten Assistenzsystems steht die Unterstützung des Fahrers im Hinblick auf Komfort und Sicherheit. Zudem werden Ressourcen geschont, z. B. Kraftstoff und Verschleißteile im Auto durch die Optimierung von Kurvengeschwindigkeiten bei automatisierter Fahrt. Durch diese präzisen Ortsinformationen wird auch die Qualität von Schwarmdaten, die von erheblicher Bedeutung für zukünftiges vernetztes Fahren sind, optimiert.

Ein Szenario ist zum Beispiel die Detektion von Straßenschäden, zu der jedes Fahrzeug Daten sammelt und an eine Cloud sendet. Nachfolgende Fahrzeuge passen automatisch die Dämpferregelung an und Ausbesserungsarbeiten können gezielter stattfinden.

 

Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter www.iis.fraunhofer.de/autonomesfahren.