Hochtechnologie für den Mittelstand: Weniger Kosten für mehr Kreativität

Dresden: Gemeinsam mit Globalfoundries Dresden hat ein Verbund aus Fraunhofer-Instituten in Sachsen eine Sensor-Plattform entwickelt, mit der individuell konfigurierbare IoT- und Edge-Computing-Lösungen geschaffen werden können. Damit haben nun erstmals auch kleinere und mittelständische Anbieter die Möglichkeit, kostengünstig besonders leistungsfähige, energieeffiziente und hochintegrierte Systeme zu produzieren. Im Gegensatz zur eigenständigen Entwicklung reduzieren sich zeitlicher Aufwand und Entwicklungskosten dafür deutlich.

Nahaufnahme des USeP-Moduls
© Volker Mai / Fraunhofer IZM
Nahaufnahme des USeP-Moduls

Wie können wir eine hochintegrierte, mehrkanalige Sensorlösung für den Maschinenbau entwickeln? Oder ein vernetztes Sensorsystem zur Gebäudeautomation? Die bedarfsgerechte, miniaturisierte und auf individuelle Vorgaben angepasste Entwicklung smarter Systeme ist für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) ein aufwendiges und teures Vorhaben: Sie können keine Elektronikmodule von der Stange nutzen, sondern müssen innovative Systemlösungen für ausgewählte Kunden selbst und in meist geringer Stückzahl entwerfen.

»Auftraggeber erwarten immer häufiger hochintegrierte Elektronik-Prototypen oder Kleinserien für das Internet der Dinge (IoT) und das Edge Computing. Ohne die entsprechenden Systemarchitekturen und Fertigungsmethoden ist es für mittelständische Unternehmen aber schwer, bei der Entwicklung den Return on Investment zu erreichen«, sagt Dr. Peter Schneider, Leiter des Institutsteils Entwicklung Adaptiver Systeme EAS des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Dresden.

Unterstützung für den Innovationstreiber Mittelstand

Unter Federführung des Institutsteils EAS hat ein Konsortium aus sächsischen Fraunhofer-Instituten und der Industrie deshalb die »Universelle Sensor-Plattform USeP« entwickelt. Sie ermöglicht es vor allem KMU, verschiedenste modulare und konfigurierbare Plattformelemente zu nutzen und nach dem Baukastenprinzip mit einem Höchstmaß an Flexibilität zusammenzustellen. »Die 3D-Sensor-Plattform lässt Entwicklern sowohl bei der Software als auch bei der Hardware weitgehend freie Hand, um zukunftsweisende, individuelle Produkte herzustellen. Während das bislang meist sechs- oder siebenstellige Euro-Beträge kostete, können KMU jetzt unter Umständen bis zu 90 Prozent Zeitaufwand und Kosten einsparen«, erklärt Schneider. Dank der guten und intensiven Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Entwicklungspartnern sei der erfolgreiche Abschluss des richtungsweisenden Projekts innerhalb von nur drei Jahren möglich geworden. Eine erste Bewährungsprobe in der Praxis hat USeP auch bereits gemeistert. Innerhalb einer Kooperation von Globalfoundries Dresden mit fünf weiteren Unternehmen aus dem Hard- und Softwarebereich war sie der Kern einer Edge-KI-Pilotlösung. Mit ihrer Hilfe konnten die Firmen innerhalb von nur drei Monaten eine erste Produktversion (Minimum Viable Product) zur vorausschauenden Wartung von Reinstwasserventilen in der Chipproduktion entwickeln.

 

Baukasten zur Entwicklung von Hochtechnologie

»Die Sensor-Plattform auf Basis der in Dresden entwickelten GLOBALFOUNDRIES 22FDX®-Technologie ermöglicht ein energieeffizientes und dabei hochleistungsfähiges SoC (System on Chip) Design, das mit embedded MRAM anspruchsvollen Edge-Computing-Anforderungen gerecht wird«, sagt Dr. Axel Preuße von Globalfoundries Dresden. Der Chip verfügt über zahlreiche kabellose und kabelgebundene Kommunikationsschnittstellen und nutzt als zentrale Rechen- und Steuereinheit einen leistungsfähigen 32-bit-RISC-V Prozessor mit insgesamt 9 Cores. Diese Open-Source-Prozessorarchitektur gilt nicht zuletzt aufgrund ihrer Offenheit und Flexibilität als zukunftsweisend und bietet die ideale Basis für sichere und vertrauenswürdige Elektronik. Die einzigartige Systemarchitektur der Plattform zeichnet sich auch dadurch aus, dass hier modernste Aufbau- und Packaging-Technologien mit neuesten Halbleiter-Entwurfsmethoden und Security-Komponenten verbunden werden. Dank ihrer flexiblen Baublöcke und der zugehörigen Softwareumgebung ermöglicht sie eine unkomplizierte Integration unterschiedlicher Sensoren.

Mittlerweile ist das durch den Freistaat Sachsen und die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklungen (EFRE) unterstützte Forschungsprojekt abgeschlossen und ein eigenständiges Unternehmen entstanden: Das Start-up Sensry in Dresden bietet seinen Kunden nicht nur die Möglichkeit, hochintegrierte Sensor-Elektronik-Module mit Hilfe der Universellen Sensor-Plattform maßzuschneidern, sondern kann interessierten KMU auch die Kompetenzen der USeP-Entwicklungspartner vermitteln. Sie haben damit eine Supply Chain zur Verfügung, mit der sie ihre Ideen und Visionen effizient umsetzen können: Konzeptentwicklung, Systemdesign, Prozessoren, Sensorik und Datenübertragung sowie Simulation und Tests ihres geplanten Systems werden umfassend und nachhaltig unterstützt.

Beteiligt an der Entwicklung der Universellen Sensor-Plattform USeP waren neben dem Halbleiterhersteller Globalfoundries Dresden die sächsischen Fraunhofer-Institute für Photonische Mikrosysteme IPMS und Elektronische Nanosysteme ENAS sowie die Institutsteile All Silicon System Integration ASSID des Fraunhofer IZM und Entwicklung Adaptiver Systeme EAS des Fraunhofer IIS. Unterstützt wurden die Forschungspartner durch Kollegen vom Fraunhofer IZM aus Berlin, vom Fraunhofer IIS aus Erlangen und dem Fraunhofer AISEC aus Garching bei München.