KI revolutioniert die Supply Chain

Daten in Lieferketten machen wir mit Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) nutzbar, um die Wertschöpfung zu erhöhen. In der Abteilung Analytics unserer Arbeitsgruppe für Supply Chain Services entwickeln wir anwendungsnahe Algorithmen, die auch (teil)automatisch Entscheidungsszenarien vorschlagen und Prognosen mit einer soliden Optimierung verknüpfen.

Egal ob Tee, Lebkuchen, Autositze oder U-Bahn-Linien: Eine KI kann in allen Anwendungen in der Supply Chain einen Mehrwert liefern. »Sie funktioniert anwendungsagnostisch«, sagt Dr. Christian Menden, Abteilungsleiter Analytics, »d. h., Methoden, die für eine Anwendung entwickelt wurden, können relativ einfach auf neue übertragen werden, da die Algorithmen sich nur auf die Strukturen innerhalb der Daten fokussieren. So können KI-Verfahren wie aus der Genetik oder Bioinformatik mit nur kleineren Anpassungen für industrielle Anwendungen eingesetzt werden. Wir arbeiten mit Algorithmen, die wir so entwickeln, dass sie für den jeweiligen Anwendungsfall passen und auch automatisch Entscheidungen treffen können. So können wir überall entlang der gesamten Supply Chain mit KI die Wertschöpfung erhöhen.«

 

»Die KI funktioniert anwendungsagnostisch, ob für Tee, Autositze oder den Verkehr.«

Dr. Christian Menden
Abteilungsleiter Analytics

 

U-Bahnen
© Fraunhofer IIS
Mittels mathematischer Optimierung fahren U-Bahnen der VAG Nürnberg auf energiesparende Weise.

VAG: Echtzeitfähige Algorithmen als Fahrerassistenzsystem steuern U-Bahnen

Ein Beispiel ist die Fahrer- und Bahnsteuerung der U-Bahn in Nürnberg. Hier fahren an einigen Tagen zwei U-Bahn-Linien nicht nur automatisch, sondern können auch optimiert auf energiesparende Weise fahren. Wenn also die U-Bahn in den Bahnhof rauscht und leicht surrend am Bahnsteig hält, merkt kaum ein Fahrgast, dass sie vielleicht drei Sekunden früher gebremst hat als sonst. Diese winzige Zeitspanne kann dem Betreiber hohe Stromkosten sparen. Das Fahrerassistenzsystem entwickelt einen optimalen Fahrplan, sucht energieeffiziente Geschwindigkeitsprofile, nutzt Ausrollphasen und vermeidet zu viele gleichzeitige Abfahrten, die hohe und teure Lastspitzen erzeugen. Entwickelt wurde dies im ADA Lovelace Center for Analytics, Data and Applications. Hier forscht das Fraunhofer IIS unter Projektleitung der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services zusammen mit der FAU Erlangen-Nürnberg, der LMU München sowie dem Fraunhofer IKS und dem Fraunhofer IISB u. a. an mathematischen Grundlagen der Künstlichen Intelligenz, um leistungsfähige Verfahren neu zu entwickeln und in Industriekooperationen zur Praxisreife zu bringen.

Schnellecke: Komplexe und dynamische Lagerhaltung

Eine Art optimalen Fahrplan, allerdings innerhalb eines Lagers, braucht die Schnellecke Group. Der Dienstleister am Standort Leipzig kommissioniert und liefert termingerecht direkt ans Band der Automobilindustrie. Täglich liefern Dutzende bis Hunderte Lkws Waren in Boxen an, die im Lager verstaut werden müssen. »Schnellecke ist regelmäßig auf große Herausforderungen in der Einlagerung von Waren gestoßen. Kleinere Stopps störten den Betriebsablauf. Wo lagere ich die Boxen optimal ein? Vielleicht die eiligen nicht ins letzte Eck? Und Fensterheber und Glasscheiben sollen am besten zusammen lagern«, beschreibt Menden die Aufgabe. Unser Algorithmus nutzt nicht nur den Platz optimal, er berücksichtigt auch Arbeitssicherheit und kurze Lauf- und Fahrwege. Als Lösung haben wir ein gemischt-ganzzahliges Optimierungsmodell entwickelt, das mit exakten Optimierungsalgorithmen sukzessive in immer kleinere Teilprobleme zerlegt wird und dann mit einfacheren Verfahren gelöst werden kann.

Algorithmen im Lager
© Fraunhofer IIS
Algorithmen können im Lager z. B. für eine optimierte dynamische Lagerhaltung oder auch für die KI-basierte Bestandsplanung eingesetzt werden.
KI bei der Fertigung
© Fraunhofer IIS
Mittels KI kann z. B. bei der Fertigung von Autositzen eine höhere Produktqualität mit weniger Nacharbeit erreicht werden.

Magna Seating: Autositze – wenige Daten für die Fehlersuche

Eine andere Erfolgsgeschichte einer KI findet sich bei dem Automobilzulieferer Magna Seating. Das Unternehmen stellt Autositze her. Ab und an hat ein Sitz kleine Fehler, die nachgebessert werden müssen. Die Kontrollen sind aufwendig, und die fehlerhaften Teile gefährden die Termintreue. Durch die Auswahl und Anwendung geeigneter statistischer Verfahren haben wir unseren Kunden dazu befähigt, Regelmäßigkeiten bei Fehlerfällen zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diese Fehler sind zum Glück selten, stellen aber dafür in der Analyse eine Herausforderung dar. Das Team von Menden setzt zur Analyse klassische statistische Verfahren ein. Mit ihnen finden sie genau die Vorkommnisse, die in Korrelation mit dem Fehler stehen, sodass hierdurch eine höhere Produktqualität mit weniger Nacharbeit erreicht werden kann. Auch die optimale Reihenfolge, wie die Sitze zum Abtransport in den Lkw geladen werden, kann mittels KI bestimmt werden.

Tee-Herstellung: Mischen von Rohstoffen mit schwankenden Qualitäten

Bei der Martin Bauer Group sind es keine Produktionsfehler, die es zu vermeiden gilt, sondern aus Rohstoffen mit schwankenden Eigenschaften sollen Produkte mit gleichbleibender Qualität hergestellt werden. Die Gruppe produziert Kräuter- und Früchteteemischungen für Supermärkte und Apotheken. Da die Inhaltsstoffe der pflanzlichen Rohstoffe variieren, gestaltete sich die Lager- und Produktionsplanung der Martin Bauer Group sehr zeitaufwendig. Gelöst haben wir dieses Pooling-Problem der Tee-Mischungen mit einer Optimierungssoftware, die Lagerbestände, Lagerdauer, Laboranalytik, Zwischen- und Endprodukte sowie die jeweiligen unterschiedlichen Qualitätsanforderungen der Kunden berücksichtigt. Die Disponenten können jetzt mit der Lösung, die von Forschenden unserer Arbeitsgruppe und der FAU Erlangen-Nürnberg gemeinsam entwickelt wurde, schnell verschiedene Szenarien durchspielen, die sonst zu viele Kombinationen haben, um vom Menschen allein gelöst zu werden. Nicht nur bei Tee tritt diese Art Problem auf, sondern in vielen anderen Bereichen der Lebensmittelindustrie sowie der industriellen Fertigung.

OBER: Optimale Bestandsplanung quantifiziert Unsicherheiten von Prognosen

Out-of-Stock heißt es in letzter Zeit öfter. Holz, Badarmaturen, Gemüsedosen oder Toilettenpapier sind gerade dann nicht auf Lager, wenn Kunden kaufen wollen. Andererseits blockieren nicht abgefragte Waren wertvolle Flächen. Bislang werden meist sehr simple Prognosen basierend auf dem Durchschnitt des bisherigen Absatzes genutzt, die aber mit Unsicherheiten behaftet sind. Wir verknüpfen im Forschungsprojekt OBER speziell für den Bereich Großhandel Prognosen mit mathematischer Optimierung, die auch Restriktionen wie den besten Preis, Lagerflächen oder finanzielle Mittel berücksichtigt. Die von uns entwickelte KI quantifiziert zudem die Unsicherheit der Vorhersage. Sie ermittelt für Disponenten die bestmögliche Handlungsstrategie auch für Waren, die erst in einigen Monaten bestellt werden.

AutoML – automatische Auswahl des immer besten Modells

Das am besten passende mathematische Verfahren für die jeweilige Anwendung zu finden ist zeitaufwendig. Hier greifen wir auf AutoML (automatisiertes Maschinelles Lernen) zurück. Wir verwenden ein Dachmodell, das die verschiedenen Algorithmen automatisch analysiert und eigenständig das geeignetste Modell auswählt. Mit Online-AutoML ist zudem eine laufende Überprüfung möglich, ob das gerade verwendete Modell weiterhin das beste ist. Denn wenn die Produktion plötzlich das Rezept für Lebkuchen ändert oder ein anderes Automodell gefertigt wird, kann ein anderer Machine-Learning-Algorithmus besser sein. AutoML kann also in vielen Bereichen vielfältig eingesetzt werden. Denn die Abstraktion auf mathematischer Ebene gelingt für viele Anwendungen.

»Data Analytics in der Ersatzteillogistik«

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Paulina Sierak

Contact Press / Media

Dr. Paulina Sierak

Gruppenleitung »Data Efficient Automated Learning«

Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS
Adalbertstr. 16
80799 München