Inverse Deflektometrie – Fehlerdetektion auf spiegelnden Oberflächen

Was versteht man unter Deflektometrie?

© Fraunhofer IIS
Abb. 1: Bei der Deflektometrie wird die Oberflächenbeschaffenheit über Abweichungen im reflektierten Bild detektiert. Dellen auf dem Flugzeugrumpf können so mittels der Spiegelungen von Wolken detektiert werden.

Unter dem Stichwort Deflektometrie fasst man eine Reihe von Mess- und Prüftechniken für spiegelnde oder teilspiegelnde Oberflächen zusammen. Alle Verfahren haben gemeinsam, dass die Spiegelung eines bekannten Musters an der zu prüfende Oberfläche untersucht wird. Deflektometrische Verfahren zeigen daher eine große Nähe zum menschlichen Sehen. Auch der Mensch nimmt Fehler auf spiegelnden Oberflächen über Abweichungen im reflektierten Bild wahr. So können zum Beispiel Dellen auf der Flugzeugaussenhaut über die Spiegelungen von Wolken detektiert werden (s. Abb. 1).

Welche Vorteile bietet die Inverse Deflektometrie gegenüber der klassischen Deflektometrie?

Als Inverse Deflektometrie bezeichnen wir ein am Fraunhofer IIS entwickeltes und patentiertes Verfahren, welches sich besonders für den industriellen Einsatz eignet.
Bei der inversen Deflektometrie handelt es sich um ein scannendes Verfahren, d.h. das zu prüfende Objekt wird in der Bewegung erfasst (Alternativ kann auch der Messkopf bewegt werden).

Da in der industriellen Fertigung das Prüfobjekt oft sowieso auf einer Fertigungsstraße bewegt wird, kann das Verfahren einfach implementiert werden. Oft ist dies auch in zeitlicher Hinsicht ein großer Vorteil, da im Optimalfall keine zusätzliche Messzeit benötigt wird.

Ein weiterer großer Vorteil ist das Erfassen von transparenten Objekten wie optischen Gläsern. Dies stellt in der klassischen Deflektometrie ein Problem dar, da es zu einer zusätzlichen Spiegelung auf der Rückseite des Objekts kommt. Die Überlagerung zweier komplexer Reflektionen lässt sich nicht mehr einfach trennen. Daher muss die Rückseite solcher Objekte in der klassischen Deflektometrie mattiert und geschwärzt werden, um die Reflektion an der Rückseite zu unterdrücken. Das Prüfobjekt wird dadurch für den Endanwender unbrauchbar. Eine Serienprüfung solcher Objekte ist bei klassischen deflektometrischen Verfahren nicht möglich.

Im Gegensatz dazu ermöglicht die inverse Deflektometrie erstmals eine inlinefähige 100%ige Kontrolle. Dieser Vorteil der inversen Deflektometrie kann im Idealfall sogar noch erweitert werden. So kann zum Beispiel bei Schutzbrillen die Oberfläche und die Rückseite gleichzeitig erfasst werden. Dies wird möglich, da das an beiden Oberflächen reflektierte Signal ausgewertet werden kann.
Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Kratzer, Risse sowie Lackläufer oder Einschlüsse auf beiden Seiten einer Schutz- oder Sportbrille mit nur einer Messung detektieren.

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Messung eines Gleitsichtglases mittels Inverser Deflektometrie. Das Glas muss hierbei weder mattiert noch geschwärzt werden und bleibt somit weiterhin verwendbar.
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Die ausgegebenen Messdaten lassen eindeutige Rückschlüsse auf die fehlerfreie Oberflächenbeschaffenheit des Werkstücks zu.
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Defekterkennung auf einer spiegelnden Oberfläche

Welche Anwendungsfelder sind möglich?

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Oberflächenbeschaffenheit eines Handydisplays

Die Inverse Deflektometrie eignet sich zur Vermessung und Fehlerdetektion auf (teil-) spiegelnden Oberflächen. So lässt sich eine hochpräzise Qualitätskontrolle und Defekterkennung im laufenden Produktionsprozess etablieren.

Die Inverse Deflektometrie kann als inlinefähiges Prüfsystem die Herstellung unterschiedlicher Produkte überwachen.

 

Die Inverse Deflektometrie kann in den Produktionslinien zahlreicher Werkstoffe implementiert werden. Beispiele hierfür sind:

Optische Gläser Erkennung von Kratzern auf Glas, Beschichtungsfehler und anderweitige Einschlüsse im Glas
Brillengläser, insbesondere Gleitsichtgläser Sicherstellung der exakten Asphärizität auf Brillengläsern
Kugeln von z.B. Kugellagern Detektion eventueller Einschlüsse oder Kratzer im Material von Kugellagern
Schutzbrillen Erkennung von Dickenvariationen, Beschichtungsfehlern und Kratzern im Material
Displays Erkennung von Kratzern, Verzerrungen, Verzeichnungen und korrekter Planarität
Scheinwerfergläser
Spiegel
Fenster
Spritzgussformen Sicherstellung der exakten Formgebung
Produkte der Medizintechnik Detektion kleinster Abweichungen im Material
lackierte Oberflächen Lackierfehler erkennen
Kontrolle bei der Planlage von Folien Exakte Ausrichtung von Folien auf Werkstoffen

Welche anderen Technologien könnten für Sie interessant sein?

 

Lichtschnitt-Technologie:

Für die schnelle dreidimensionale Erfassung von Oberflächen setzen wir hauptsächlich die Lichtschnittmesstechnik ein, die bei bewegten Objekten besonders vorteilhaft ist.