»Bei Solid geht es um die Bereitstellung einer sicheren Infrastruktur für Datenübertragbarkeit und Datensouveränität, die das Europäische Parlament als maßgebend für die strategische Autonomie Europas im digitalen Bereich definiert hat«, erläutert Prof. Dr. Andreas Harth, der das Symposium leitete. Prof. Harth ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der FAU und leitet die Abteilung »Data Spaces and IoT Solutions« bei der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS.
Dezentrale Speicherung sichert Daten
Mit Solid können Benutzerinnen und Benutzer ihre Daten zur Person sicher in Pods – Personal Online Data Stores – speichern. Jeder kann einen Pod einrichten. Es stehen verschiedene Pod-Implementierungen zur Verfügung und es gibt mehrere Anbieter, die Pods hosten. Pod-Besitzerinnen und -Besitzer kontrollieren den Zugriff auf ihre Daten über Identitäten, die von verschiedenen Identitätsanbietern verwaltet werden. Anwendungen greifen auf die in Pods gespeicherten Daten zu und nutzen sie. So können die Nutzerinnen und Nutzer vertrauenswürdige Anbieter wählen und selber entscheiden, wo sie ihre Daten speichern und wer auf ihre Daten zugreifen kann.
»Mit Solid erhalten die Nutzenden die Souveränität über ihre Daten. Sie können selber entscheiden, wo sie sie ablegen. Die Daten sind nur dort gespeichert und nicht mehr auf großen Servern im Ausland oder bei großen Unternehmen, deren Geschäftsmodell der Verkauf von Nutzerdaten ist«, führt Harth aus.
Eine solche dezentralisierte Architektur, in der Daten, Identität und Anwendungen von verschiedenen Organisationen verwaltet werden können, funktioniert ohne zentrale Komponenten oder Plattformen. Somit bietet Solid die Infrastruktur für die Übertragbarkeit persönlicher Daten und die Souveränität persönlicher Daten. Obwohl Solid zunächst auf den persönlichen Gebrauch abzielt, sind die Spezifikationen recht allgemein anwendbar und auch sehr gut für den Einsatz in einem Unternehmensumfeld geeignet.
Die Regierung von Flandern arbeitet bereits mit Solid
Unternehmen weltweit beschäftigen sich mit Standardisierungen sowie Produkten und Geschäftsmodellen. Einer, der bereits über Erfahrungen mit Solid in der Anwendung verfügt, ist Michiel de Jong. Er ist Gründer von Ponder Source. Das niederländische Softwareunternehmen. entwickelt Open Source-Software im Zusammenhang mit Solid und anderen dezentralen Technologien an. Weiterhin ist de Jong als echter Solid-Enthusiast auch technischer Berater für die Solid Netherlands Community. »Die Niederlande haben sich schon immer sehr für Technologie interessiert und das gilt auch für liberale Technologien wie Solid«, sagt de Jong. » Es gibt ein großes Interesse auf vielen Ebenen. Viele Organisationen in unterschiedlichen Sektoren denken darüber nach, wie sie Menschen den besten Service bieten können, ohne deren Daten sozusagen als Geiseln zu nehmen. Das ist bei uns eine populäre Fragestellung, und es gibt eine Menge Bewegung und eine wachsende Dynamik. Und hoffentlich wird es bald staatliche Gelder geben, um ein Fundament für Solid bzw. Pods aufzubauen. In Flandern ist das bereits passiert. Flandern ist die erste Region, die Solid nutzt. Dort haben die Behörden Pods an Bürger und Bürgerinnen verteilt, sodass diese ihre persönlichen Daten bei sich behalten und nach Bedarf teilen können.«
Timea Turdean arbeitet als Softwareingenieurin bei Inrupt und betont: »In der Solid-Gemeinschaft geht es gerade sehr innovativ zu. So gehört zum Beispiel der Aufbau einer Standard-Community mit zu unserer Arbeit.« Gründer der Inrupt Inc. sind Sir Tim Berners-Lee, dem Erfinder des Internets, und John Bruce. Das Unternehmen arbeitet mit Regierungen und großen Unternehmen zusammen, um ihnen und ihren Kunden zu helfen, den Wert von Solid zu erfahren. Turdean: »Mit Solid nutzen und ergänzen wir im Grunde die bestehenden Web-Standards, das ermöglicht Zugang, Kontrolle, Ausweisverwaltung und neue Datenstandards für die Interoperabilität. Letzten Endes schafft Inrupt mit Solid unternehmensfähige Produkte und Dienste.«
Social Linked Data und der Faktor Mensch
Was de Jong und Turdean über die Technologien hinaus teilen, ist die Begeisterung für die Community. Auf dem Symposium bestätigte Michiel de Jong: »Es ist sehr schön, an einem Symposium mit all diesen Leuten teilzunehmen, die sich für Solid interessieren. Es finden wirklich interessante Diskussionen statt, und es ist schön, mit Leuten zu sprechen, die auch viele Details kennen.« Timea Turdean bringt es auf den Punkt: »Ich bin gerne dort, wo Spezifikationen erarbeitet werden und Innovationen entstehen. Es ist wie Magie.«
Den sozialen Aspekt von Solid betont auch Andreas Harth und zitiert dabei Tim Berners Lee: »Solid ist nicht nur eine Reihe von Spezifikationen, es ist eine Bewegung.«
Einen Eindruck vom Symposium erhalten Sie im Film: Treffen Sie die Solid-Community!