Auf der Suche nach Ingenieuren und Ingenieurinnen
»Es braucht ein Investment nicht nur in Maschinen, sondern auch in Köpfe«, erläutert Neubauer. »Doch eben diese Köpfe fehlen in der Rechnung: Es entscheiden sich immer weniger junge Menschen für ein Studium der Elektrotechnik, die Mikroelektronik hat zudem einen rückläufigen Anteil in der Elektrotechnik.« Eine schwierige Situation, die dadurch erschwert wird, dass zahlreiche Ingenieurinnen und Ingenieure, die heute arbeiten, in den nächsten zehn Jahren altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
Augenfällig ist ein starkes Missverhältnis zwischen der Wahrnehmung der Elektrotechnik und der Realität bei der jüngeren Generation. Untermauert wurde dies von einer Umfrage des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik VDE: In dieser wurden Schülerinnen und Schüler in Mathe- und Physikleistungskursen gefragt, worin ihrer Meinung nach die Aufgaben eines Elektroingenieurs liegen. »Der steht vor dem Schaltschrank und zieht Kabel« war die Antwort, die sinngemäß am häufigsten zu hören war. Lust auf ein Elektrotechnikstudium hatten daher die wenigsten. »Eine krasse Fehlwahrnehmung: Die Elektrotechnik ist ein hochattraktives Berufsfeld mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten, kreativen Prozessen und einer der Treiber der Energiewende«, ist Neubauer überzeugt.
Auch mangelt es in Deutschland daran, Frauen für dieses Berufsfeld zu begeistern – andere Länder bieten da deutlich bessere Beispiele. So werden die niedrigen Studentinnenzahlen in der Elektrotechnik nochmal von den deutlich niedrigeren in der Mikroelektronik getoppt.
Eine neue Designer-Schmiede: Das Bayerische Chip-Design-Center«
Hier setzt das »Bayerische Chip-Design-Center« an, eine Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Beteiligt sind drei bayerische Fraunhofer-Institute, darunter das Fraunhofer IIS. Entsprechende Konzepte haben die Fraunhofer-Forschenden in einem Vorprojekt bereits entwickelt, nun steht die Umsetzung des Bayerischen Chip-Design-Centers auf der Agenda. »Unser Ziel liegt auch darin, die Ausbildungsseite zu stärken und z.B. über ein Kursprogramm konkret dafür zu sorgen, Leute schneller fit zu machen für die Arbeit im Bereich der Mikroelektronik«, beschreibt Neubauer. Eine der Säulen ist, die Einarbeitungszeiten über Zertifikatskurse, spezielle Programme und bessere Betreuung zu verkürzen – von üblicherweise drei bis vier auf ein bis zwei Jahre.
Eine weitere Säule betrifft die Zukunft der Mikroelektronik an sich. Deutschland hat allgemein einen starken Mittelstand. Bei der Verwendung von Mikroelektronik zur Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen ist jedoch noch Luft nach oben. Auch hier steht die Liefersicherheit im Fokus. So sind selbstdefinierte Bauelemente wesentlich weniger von Lieferengpässen betroffen als Standardprodukte. Normalerweise ist die Produktion gut ausbalanciert, es wird also nur so viel produziert, wie nachgefragt wird. Steigt die Nachfrage aufgrund von Hamsterkäufen an, kollabiert das System. Anders bei selbstdefinierten Bausteinen: Da diese nur für einen einzelnen Betrieb oder aber eine sehr kleine Anzahl von Firmen produziert wird, ist die Logistikkette stabiler. Auch hier soll das Bayerische Chip-Design-Center durch den Zugang zu Fertigungsmöglichkeiten und in der Lieferkette unterstützen.
»Wenn wir uns als Gesellschaft in Richtung Energiewende bewegen, grüner werden und Energie effizienter einsetzen wollen, müssen wir die Jugend für die Mikroelektronik begeistern«, ist sich Neubauer sicher.