SNKI: So werden Sensordaten mit bestmöglicher Qualität erzeugt

19. Juni 2019

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) spielt in der Forschung eine immer größere Rolle. Dr. Norman Uhlmann, stv. Bereichsleiter des Fraunhofer EZRT, spricht über die Möglichkeit, KI nahe an Sensoren einzusetzen.

Dr. Norman Uhlmann, stv. Bereichsleiter des Fraunhofer EZRT
© Fraunhofer IIS / Paul Pulkert
Dr. Norman Uhlmann im Gespräch.

Herr Dr. Uhlmann, man liest in letzter Zeit oft, Daten wären der Rohstoff der Zukunft. Warum ist dem so?

Das stimmt, das habe ich tatsächlich in letzter Zeit sehr häufig gehört und gelesen. Daten existieren ja schon immer. Das Neue ist, dass wir seit einiger Zeit versuchen, möglichst viele der anfallenden Daten zu sammeln. In vielen Branchen ist das bereits seit Jahren gängige Praxis – immer mehr Branchen ziehen nun aber nach. Die Herausforderung hierbei ist aber weniger das Sammeln von Daten, als vielmehr ihre Verwertung. Deshalb werden Daten auch als Rohstoff betrachtet. Man sammelt diesen neuen Rohstoff im Moment, kann ihn aber mit dem heutigen Stand der Technik in vielen Anwendungen noch gar nicht vollumfänglich nutzen. Welcher Nutzen sich konkret aus den gesammelten Daten ergibt und vor allem mit welchen Kombinationen von unterschiedlichen Daten wir einen Mehrwert generieren können, das wird sich erst noch zeigen. Fakt ist aber, dass sich aus diesen neuen Möglichkeiten unterschiedliche Geschäftsmodelle entwickeln werden.

Inwiefern ist das Fraunhofer IIS auf diesem Gebiet aktiv?

Um die Datenflut beherrschen zu können, aber auch um aus Daten einen Mehrwert generieren zu können, sind neue Lösungen und Methoden notwendig. Der Einsatz und die Erforschung künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens spielt für uns eine immer bedeutendere Rolle – daran arbeiten wir im Moment sehr intensiv. Unsere Rolle ist es, mit Hilfe von KI-Methoden Systeme zu realisieren, die den Kunden nutzen. KI bedeutet eine neue Klasse von Werkzeugen, die deutlich komplexere Aufgaben übernehmen können. Ein ganz wesentliches Forschungsthema ist für uns aktuell die sensornahe KI.

Forschung am gesamten Datenlebenszyklus
© Fraunhofer IIS
Das Fraunhofer IIS forscht entlang des gesamten Datenlebenszyklus' – von der Erfassung und Übertragung über die Analyse und Optimierung bis hin zur Interpretation und Verwertung von Daten.

Was steckt hinter dem Wort »sensornah«?

Hier geht es darum, Methoden der künstlichen Intelligenz direkt am Sensor einzusetzen. Im Endeffekt ist es das genaue Gegenteil des bloßen Datensammelns: Wir versuchen möglichst nahe am Sensor eine objektive Bewertung der Qualität und des Informationsgehalts der Daten zu machen und dieses Ergebnis umgehend zu verwerten.

Und was bewirkt das konkret?

Damit sind wir in der Lage, eine adaptive Anpassung des Sensors vorzunehmen. Unser oberstes Ziel ist es, Sensordaten mit bestmöglicher Qualität zu erzeugen. Die hierdurch erhobenen Daten haben eine wesentlich höhere Qualität als die von konventioneller Sensorik mit klassischer Signalerfassung und -verarbeitung, da nicht-lineare Effekte in den Signaldaten statistisch erfasst und korrekt verarbeitet werden.

Wie kann man sich ein System, das mit sensornaher KI ausgestattet ist, vorstellen? Wird es mit sensornaher KI grundlegend anders aufgebaut sein? Wie unterscheiden sich künftige Systeme zu aktuellen Systemen?

Rein äußerlich wird man kaum Unterschiede feststellen. Die wirklich auffälligen Änderungen befinden sich unter der »Haube«: KI-gestützte Systeme werden in erster Linie wesentlich leichter zu bedienen sein. Das System wird dem Anwender viele Arbeitsschritte abnehmen und beispielsweise bei den richtigen Einstellungen unterstützten und sich auch selbstständig an veränderte Bedingungen ohne Interaktion des Anwenders anpassen. Dies hat insbesondere eine Steigerung der Effizienz zur Folge: Ich muss mir in Zukunft um viele Arbeitsschritte oder sich verändernde Bedingungen einfach keine Gedanken mehr machen.

Dr. Norman Uhlmann, stv. Bereichsleiter des Fraunhofer EZRT
© Fraunhofer IIS / Paul Pulkert
Auch zu modernen Smartwatches äußert sich Dr. Uhlmann.

Wo kommt sensornahe KI zum Einsatz?

Hier gibt es fast unendlich viele Anwendungsszenarien: Im medizinischen Bereich, wenn es beispielsweise um Patientenüberwachung geht. Natürlich auch in der Produktion mit zerstörungsfreien Monitoringsystemen, wie beispielsweise CT-Anlagen zur Überwachung der Produktqualität. Das vermutlich anschaulichste Beispiel ist aber eine moderne Smartwatch, die den Puls abgreift: Obwohl wir nicht penibel genau darauf achten, dass die Uhr so eng es eben geht anliegt, geben moderne Wearables dennoch valide Daten aus. Warum ist das so? Naja, die Uhr merkt mit einer gewissen Intelligenz, dass sich die Umgebungsbedingungen verändert haben, zum Beispiel, dass sie eben ein Stück weiter vom Handgelenk entfernt ist, und stimmt den eingebauten Sensor darauf ab. Nach einer gewissen Zeit pendeln sich die Messergebnisse dann wieder ein. Als Nutzer merkt man den Einsatz also gar nicht unbedingt. Wir merken nur: Das Gerät tut, was es soll.

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