Wasserstoff ist einer der Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel, aber auch vielversprechendes Geschäftsmodell für Unternehmen. Das Fraunhofer IIS hat zahlreiche Methodenkompetenzen zu unterschiedlichen Anwendungsbereichen in der Wasserstoffwirtschaft. Nun veröffentlicht die Stadt Nürnberg unter Mitarbeit des Fraunhofer IIS eine Studie zu den Perspektiven der Wasserstoffwirtschaft in der Region. Anlässlich dessen führten wir ein Interview mit Priv.-Doz Dr. habil. Tassilo Schuster, Senior Scientist Innovation und Transformation und Karlheinz Ronge, Abteilungsleiter Verteilte Systeme und Sicherheit und fragten sie: Wie sieht die Zukunft des Energieträgers aus?
Grüner Wasserstoff wird derzeit viel diskutiert. Politik, Wirtschaft und Forschung setzen große Hoffnungen in diesen Energieträger auf dem Weg zu einer emissionsfreien Welt. Welche Rolle spielt der Energieträger zukünftig für unser Energiesystem?
Dr. Tassilo Schuster: Der sechste IPCC-Bewertungsbericht des Weltklimarats von 2022 macht deutlich, dass viel zu tun ist. Das Ziel, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, kann nur eingehalten werden, wenn die globalen Emissionen bis zum Jahr 2030 um 45 % reduziert und die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf »Netto Null« gesenkt werden. Dies bedarf ein massives Umdenken unseres gegenwärtigen Wirtschafts- und Energiesystems, um irreversible Schäden am ökologischen Gleichgewicht unseres Planeten abwenden zu können. Das gelingt nur durch einen doppelten Paradigmenwechsel: Erstens, durch eine Abkehr von unserer bisherigen Linearwirtschaft, hin zu einem zirkulären Wirtschaftssystem und zweitens durch den weitgehenden Ersatz fossiler Energieträger durch regenerative Alternativen in unserem Energiesystem.
Karlheinz Ronge: Neben regenerativ erzeugter elektrischer Energie wird grüner Wasserstoff, der ja meist aus eben dieser erzeugt wird, der wichtigste Baustein unserer Energieversorgung sein. Grüner Wasserstoff soll nicht nur direkt als Energieträger, sondern als Bestandteil für synthetische Kraftstoffe oder Gase oder als Komponente in verfahrenstechnischen Prozessen wie Stahlerzeugung oder Düngemittelherstellung genutzt werden.