Mit New Space und KI gegen den Flächenfraß

Nach Schätzungen liegen in Deutschland ca. 5 bis 10 Prozent der Gewerbeflächen brach. Eine bundesweite Kartierung der Flächen aber gibt es bislang nicht. Jetzt soll KI diese Aufgabe übernehmen und ungenutzte Flächen anhand von Satellitenbildern identifizieren. Das Projekt unserer Arbeitsgruppe für Supply Chain Services ist beispielhaft für weitere sogenannte New Space-Anwendungen.

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Flächendeckende Bestimmung von Brachflächen anhand KI-gestützter Analysen von Satellitenbildern und Geodaten.
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KI-Analysen von Satellitendaten machen Risiko- und Standortanalysen erheblich präziser, detaillierter und zuverlässiger.

Über 6 700 Satelliten sind im Orbit aktiv. Die Hälfte davon erst seit weniger als drei Jahren. Die meisten davon wurden von Privatunternehmen gestartet. New Space, also die Kommerzialisierung der Raumfahrt, beschleunigt nicht nur die Entwicklung immer leistungsfähigerer Kommunikationsverbindungen. Die exponentiell wachsende Zahl hochauflösender Satellitenbilder und Spektralanalysen im Infrarot- oder Radarwellenbereich schafft auch die Grundlage für eine Vielzahl neuer wissenschaftlicher Projekte. In der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services arbeiten unsere Forscher und Forscherinnen bereits an der Entwicklung neuer Anwendungen, die durch New Space möglich werden.

Satellitengestützte Brownfielderkennung

Im Projekt »ARGOS – Aufklärung von reaktivierbaren Gewerbeflächen mittels optisch-basierter Systeme« beispielsweise entwickelt unsere Abteilung »Risiko- und Standortanalysen« gemeinsam mit Immobilien-, Logistik- und Handelsunternehmen eine Künstliche Intelligenz (KI), die entsprechende Flächen finden soll. Um nicht mehr genutzte Grundstücke, sogenannte Brownfields, zu identifizieren, reichen klassische Methoden der Bilderkennung allerdings nicht aus. Ist in der Aufnahme eines Geländes zum Beispiel ein LKW zu sehen, kann dies auf eine aktive Nutzung hindeuten. Es könnte sich aber auch um ein dauerhaft abgestelltes Altfahrzeug handeln. KI schafft hier Abhilfe. »Wir können zusätzliche Datenquellen und Analysen nutzen und so kombinieren, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit ein aussagekräftiges Ergebnis erhalten«, sagt Projektleiter Konrad Dürrbeck. So berücksichtigt ARGOS beispielsweise auch Handelsregistereinträge, die mit Grundstücksadressen verknüpft sind. Auch Infrarotbilder, die den Moosbewuchs auf Dächern oder die Vegetation auf gepflasterten Flächen auswerten, fließen nun mit ein. Da die KI zudem nicht nur einzelne Bilder, sondern auch zeitliche Verläufe untersuchen kann, lässt sich die Entscheidung über den Nutzungsgrad eines Grundstücks weiter vertiefen. »Damit die Expertinnen und Experten das Urteil der KI später besser nachvollziehen können, markiert das System die von ihr verwendeten entscheidungsrelevanten Merkmale in den Bildern«, betont Dürrbeck. Diese Methode der erklärbaren KI hat auch den Vorteil, dass Fehleinschätzungen besser kategorisiert werden können, um das System entsprechend nachzutrainieren.

Kreislaufwirtschaft für Grundstücke ermöglichen

Ab Herbst 2024 sollen die Ergebnisse des Projekts als Brownfield-Kataster auf einer Internet-Plattform zur Verfügung stehen. Das Wissen um die Lage brachliegender Gewerbeflächen ermöglicht Unternehmen dann, bereits erschlossene Flächen zu nutzen und die Kosten für neue Versorgungsnetze und die Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur zu sparen. Darüber hinaus leistet die Reaktivierung einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeitsstrategie für die Flächeninanspruchnahme in Deutschland. Sie sieht vor, die derzeitige Neuversiegelung von rund 60 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2050 auf netto Null zu reduzieren.

Blaupause für weitere New Space-Anwendungen

Mit der Suche nach brachliegenden Flächen sind die Möglichkeiten der Auswertung von New Space-Daten durch KI längst nicht ausgeschöpft. »Wir entwickeln die Systematik abteilungsweit weiter, um künftig sowohl bei verschiedensten Standortanalysen wie auch im Supply Chain Risk Management und im Forschungsschwerpunkt Zivile Sicherheit von New Space-Anwendungen profitieren zu können«, betont Abteilungsleiter Dr.-Ing. Roland Fischer. KI-gestützte Analysen von Satellitendaten spüren dabei beispielsweise stillgelegte, reaktivierbare Gleisanschlüsse auf oder monitoren maritime Handelsrouten, um die Resilienz von Lieferketten zu stärken. In Katastrophenlagen könnten die KI-gestützten Auswertungen von Satellitenaufnahmen und Infrarotbildern wichtige zusätzliche Detailinformationen liefern, um noch präziser und zielgerichteter zu agieren.

ARGOS - Mit New Space und KI gegen den Flächenfraß

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Kontakt

Konrad Dürrbeck

Contact Press / Media

Konrad Dürrbeck

Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS
Nordostpark 84
90411 Nürnberg

Telefon +49 911 58061-9516

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