Wie kann Röntgentechnik das Recycling optimieren?

24. November 2020

Alexander Ennen leitet die Abteilung »Anwendungsspezifische Methoden und Systeme« am Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS. Die Röntgensysteme, die er mit seinem Team entwickelt, sind für den Einsatz an Förderbändern konzipiert – beim Recycling von Elektroschrott genauso wie im Bergbau oder bei der Detektion von Fremdkörpern in Lebensmitteln.

Wenn Alexander Ennen ein neues Röntgensystem konzipiert, reicht es ihm nicht, nur die innere Struktur der Objekte zu sehen. Er möchte auch wissen, aus welchen Materialien sie bestehen. Dazu nutzt er das Dual Energy-Verfahren, bei dem die Objekte mit zwei unterschiedlichen Röntgenspektren bestrahlt werden. Aus den Informationen, die er aus den beiden Aufnahmen gewinnt hat, kann er dann rechnerisch Rückschlüsse auf das Material ziehen. »In der Medizin und bei den Sicherheitskontrollen an Flughäfen wird das Dual Energy-Verfahren schon länger eingesetzt«, berichtet Alexander Ennen. »Wir adaptieren es jetzt für weitere wichtige Anwendungen.«

 


Sortierung auf dem Laufband. Mit dem Dual Energy-System lassen sich Wertstoffe trennen, die man rein optisch nicht unterscheiden kann.

Wie lassen sich Wertstoffe im Elektroschrott identifizieren?

Ein großes Wachstumspotential hat der Einsatz beim Recycling von Elektroschrott. Denn die Mengen steigen stetig und die gewonnenen Materialien sind wertvoll. Gemeinsam mit einer Maschinenbaufirma hat das Team von Alexander Ennen bereits eine Anlage für das Recycling von großen Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen oder Spülmaschinen realisiert. »Beim Schreddern der Geräte entstehen scheckkartengroße Flakes aus Aluminium, Eisen, Kunststoff und vielen weiteren Bestandteilen«, erklärt der 35-jährige Informatiker. »Mit unserem Dual Energy-System können wir Wertstoffe trennen, die man rein optisch nicht unterscheiden kann.«

 

Auch beim Recycling von Handys, Laptops und Co. kann die Methode eingesetzt werden. Hier geht es vor allem darum, die Sicherheit in den Recyclinganlagen zu erhöhen. »Akkus, die bei der Verarbeitung des Mülls beschädigt werden, können anfangen zu glimmen und damit Brände auslösen«, erklärt Alexander Ennen. Mit einer Dual Energy-Anlage ist es möglich, Geräte mit Akkus auf dem Förderband zu entdecken und auszusortieren, ehe sie Schaden anrichten. Diese Geräte könnten dann unter Schutzatmosphäre demontiert werden.

 

Inspect Handy Set
© Fraunhofer IIS
Handyansicht von innen. Auch beim Recycling von Handys kann die Dual-Energy-Methode eingesetzt werden.

Kann Röntgentechnik den Bergbau effizienter machen?

Im Bergbau lassen sich mit dem Dual Energy-Verfahren Erze röntgen, um den Metallgehalt zu bestimmen. Auch in diesem Sektor ist das EZRT aktiv. In einem Projekt mit chilenischen Partnern wird ein Verfahren entwickelt, das in den geförderten Steinen den Kupfergehalt misst. Ist der Gehalt sehr niedrig, werden die Steine aussortiert und nicht weiterverarbeitet. Das erhöht die Effizienz der Aufarbeitung und spart Wasser und Energie. Denn diese Ressourcen sind bei den hoch in den Anden gelegenen Bergwerken Mangelware.

 

Was bringt das Röntgen von Lebensmitteln?

 Wie universell die Methode ist, zeigt die Anwendung in der Lebensmittelindustrie. »Hier werden bereits einfache Durchstrahlungsanlagen verwendet. Für viele Fragestellungen reicht das aber nicht aus«, betont Alexander Ennen. Daher baut sein Team gemeinsam mit Partnerfirmen Dual Energy-Röntgensysteme, die Knochen in Hähnchenfilets, Gräten in Fischen und Fremdkörper in Süßwaren detektieren können. Damit Fisch grätenfrei auf den Tisch kommt und Rückrufaktionen wegen gefährlicher Fremdkörper in Lebensmitteln der Vergangenheit angehören. 

Beitrag von Christine Broll

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