Kann man auch mikroskopisch kleine Dinge röntgen?

17. Dezember 2020

Dr. Simon Zabler entwickelt mit seinem Team Systeme für hochauflösende Computertomographie im Mikro- und Nanometerbereich. Damit lassen sich mikroskopisch feine Strukturen dreidimensional untersuchen. Angesiedelt ist seine Arbeitsgruppe am Würzburger Standort des Entwicklungszentrums Röntgentechnik EZRT.

Wenn Simon Zabler von seinen ersten röntgenmikroskopischen Aufnahmen erzählt, gerät er ins Schwärmen – vor allem von den ästhetischen Mustern, die er in Aluminium-Siliziumlegierungen sichtbar machen konnte. Das war vor fast zwanzig Jahren während seiner Masterarbeit in Grenoble. Seitdem hat den Physiker die Faszination für den dreidimensionalen Mikrokosmos nicht losgelassen.

Wer braucht die Mikro-Computertomographie?

Nur wenige Kilometer entfernt von dem physikalischen Institut, in dem Wilhelm Conrad Röntgen 1895 die Röntgenstrahlen entdeckte, liegen die Labors von Simon Zabler und seiner Gruppe – Tür an Tür mit den Räumen des Lehrstuhls für Röntgenmikroskopie der Universität Würzburg, mit dem die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher eng zusammenarbeiten. Auch heute noch betrachtet Simon Zabler Metalllegierungen mit der Mikro-Computertomographie. Doch das Einsatzgebiet dieser Technologie ist wesentlich breiter. »Die Mikro-CT wird vor allem in der Materialforschung eingesetzt, vor allem zur Untersuchung von Faserverbundwerkstoffen oder Bauteilen aus Guss«, erklärt Zabler. Sogar Eisbohrkerne und Milchschaum hat er schon mit CT begutachtet.

Subµ-CT-Scan von einem Stück Streichholz
© Fraunhofer IIS
Subµ-CT-Scan von einem Stück Streichholz. Zu erkennen sind die Holzzellen und Tüpfel (kleine Schleusen, welche die Tracheiden verbinden).

»Unser Ziel ist es, die Mikro-CT Geräte anwendungsfreundlicher zu machen«, sagt Zabler. Die handelsüblichen Geräte sind für verschiedenste Untersuchungen geeignet, müssen aber bei den Anwendern von speziell geschulten Mitarbeitern bedient werden. »Wir konzipieren Geräte für bestimmte Anwendungen und können dabei durch Automatisierung die Bedienung wesentlich vereinfachen«, erklärt Zabler. So lässt sich der Markt diversifizieren und man gewinnt Entwicklungspotenzial für verbesserte Technologien, wie zum Beispiel Hochdurchsatz-Scannen, bei dem hunderte ähnliche Strukturen in Serie gescannt werden und die dreidimensionalen Bilder dann automatisch am Computer ausgewertet werden. Angewandt wird die Technologie zum Beispiel bei Schäumen, Pulver oder Saatgut.

Kann man Elektronenmikroskopie und Computertomographie kombinieren?

Mit der Nano-CT blickt Simon Zabler wesentlich detaillierter in den Mikrokosmos. Während bei der Mikro-CT die Auflösung bei ein bis zwei Mikrometern liegt, beträgt sie bei der Nano-CT nur 50 Nanometer – das sind 50 Millionstel Millimeter. Die Objekte, die mit solchen Geräten untersucht werden, dürfen nicht dicker als ein Haar sein. So eine Genauigkeit stellt hohe Anforderungen an die Geräte, die Zablers Team entwickelt. Allein die Temperaturschwankungen einer normalen Klimaanlage verursachen in dem Gerät eine thermische Ausdehnung, die auf den Scans zu Verwacklungen führt.

Sub-Mikrometer Computertomographie-Anlage
© Fraunhofer IIS/Michael Salamon
Mit der Sub-Mikrometer-Computertomographie-Anlage lassen sich Scans mit einer gemessenen räumlichen Auflösung von 0.3 µm bis 3 µm realisieren.

Die Arbeitsgruppe hat gleich zwei Strategien entwickelt, um trotzdem scharfe Nano-Scans zu erzeugen. Zum einen sind das Geräte, die auf einem verwacklungsfreien Granittisch in einer speziellen Klimakammer betrieben werden. Der zweite Ansatz ist wesentlich raffinierter. Dabei nutzt man ein bereits beim Anwender vorhandenes Elektronenmikroskop, das schon beste Voraussetzungen für eine ruhige Messung mitbringt. Das Nano-CT-Modul mit Röntgenquelle und Detektor wird einfach an die vorhandenen Schnittstellen angekoppelt und so in das System integriert. Mit diesem Kombigerät können Anwender und Anwenderinnen dann sowohl die Oberfläche eines Objekts als auch seine dreidimensionale Struktur sichtbar machen.


Wie kann Nano-CT die Batterieforschung unterstützen?

Die Technologie ist vielseitig einsetzbar. Für die biomedizinische Forschung untersuchte Zablers Team zum Beispiel Canaliculi, winzige Kanäle, die die Knochenzellen miteinander verbinden. Sehr gefragt sind im Moment auch Nano-CT-Aufnahmen für die Batterieforschung. Hier interessieren vor allem die Strukturen der Anoden und Kathoden, die aus granulösem Pulver bestehen. »Aufgrund unserer Messungen lässt sich der Ionentransport in der Batterie besser berechnen«, erklärt Zabler. »Die Ergebnisse dienen der Optimierung der Batterien.« Und hier bleibt bekanntlich noch viel zu tun.

Beitrag von Christine Broll

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