Herr Rothe, als Projektmanager am Fraunhofer IIS koordinieren Sie das Projekt KI-FLEX. Worin liegt das Ziel dieses Projekts?
Im Bereich des autonomen Fahrens werden dringend Technologiekomponenten benötigt, die das autonome Fahren sicherer und zuverlässiger werden lassen. Im Projekt KI-FLEX stellen wir uns dieser Herausforderung – und entwickeln eine Hardwareplattform, die über Künstliche Intelligenz dabei hilft, Fahrzeugposition und Umfeld exakt zu erfassen. Das Besondere daran ist die Flexibilität: Denn während die Produktzyklen bei Fahrzeugen lang sind, entwickelt sich die Künstliche Intelligenz rasant weiter. Wir entwickeln die Plattform so, dass auch zukünftige Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz und der Neuronalen Netze berücksichtigt werden können, ohne dass eine vollständige Neuentwicklung nötig wäre. Die Plattform ist also software-programmierbar und rekonfigurierbar.
Worin liegt der Kern dieser Hardware-Plattform?
Den Kern bildet ein ASIC, also ein Hardwarechip, in Kombination mit einem FPGA zur Beschleunigung der verwendeten KI-Algorithmen. Der ASIC punktet insbesondere mit einer hohen Leistungseffizienz, allerdings sind die Entwicklungskosten sehr hoch. Wir verbinden daher die große Flexibilität eines FPGAs mit der guten Leistungseffizienz des ASICs, ergänzt um zusätzliche flexible Elemente, und koppeln so die Vorteile beider Systeme miteinander. Eine weitere Besonderheit: Die Chips arbeiten sehr energiesparend – eine elementare Eigenschaft, wenn die Künstliche Intelligenz direkt im Auto angewandt werden soll. Solche auf die Beschleunigung neuronaler Netze spezialisierte Hardware bezeichnet man auch als neuromorphe Hardware: Denn sie sind von biologischen neuronalen Systemen inspiriert.
Elementar ist die Flexibilität. Was hat man darunter genau zu verstehen?
Wir nutzen verschiedene Sensoren, um die realen Verkehrsbedingungen statisch und bewegt zu erfassen. Um diese Daten auszuwerten – und beispielsweise einen Bremsprozess einzuleiten, wenn ein Kind auf die Straße läuft – verwenden wir ein bestimmtes Neuronales Netz (NN). Das Ziel ist, nicht nur mit dem verwendeten Neuronalen Netz arbeiten zu können, sondern mit der Plattform auch zukünftige Verbesserungen von NN-Architekturen realisieren zu können und die Plattform somit stets auf dem aktuellen Stand der Künstlichen Intelligenz zu halten.
Was fasziniert Sie an diesem Projekt?
Das Faszinierende ist, dass wir uns hier nicht nur in einem brandaktuellen Themenfeld bewegen, das mehr und mehr Einzug in die Öffentlichkeit hält, sondern gleich in zweien: Dem autonomen Fahren und der Künstlichen Intelligenz.
Welche Aufgabe übernehmen Sie in dem Projekt?
KI-FLEX ist ein Verbundprojekt, an dem neben dem Fraunhofer IIS sieben weitere Partner aus Forschung und Industrie arbeiten. Da die Verbundkoordination dem Fraunhofer IIS obliegt, bringe ich all die Aktivitäten unter einen Hut und leite zudem die Teilprojekte, die das Fraunhofer IIS übernimmt. Diese liegen vor allem darin, einen flexiblen, digitalen Beschleuniger-Kern zu entwickeln und diesen – zusammen mit weiteren Beschleuniger-Kernen – in den im Projekt entwickelten Chip (ASIC) zu integrieren. Diese Beschleuniger ermöglichen es erst, dass die Künstliche Intelligenz direkt im Auto angewandt wird.
Wie weit ist es vom derzeitigen Forschungsstand bis »auf die Straße« – also hin zur Integration der Plattform in autonom fahrende Fahrzeuge?
Das Projekt läuft noch bis Ende August 2022, wir sind derzeit also noch in der Entwicklungsphase. Als letzter Schritt des Projekts ist die Integration der Plattform in ein Fahrzeug geplant, also quasi ein Proof-of-Concept: Auf diese Weise wollen wir zeigen, dass unsere Technologie wie geplant funktioniert.
Link zur Pressemitteilung:
https://www.iis.fraunhofer.de/de/pr/2019/20191203_ki-flex.html