Quantum Machine Learning

Dr. Axel Plinge erläutert, wie Quantencomputing Mobilfunkanwendungen präziser machen kann.

Bei der mathematischen Optimierung von verschiedensten Parametern und zur Optimierung nachfolgender Prozesse soll eine neue, revolutionäre Ära in der Datenverarbeitung eingeleitet werden. Ist das reine Wissenschaft oder wem wird dies in Zukunft Nutzen bringen?

 

Axel Plinge: Wir arbeiten als Teil des BayQS – dem Bayerischen Quantenhub - an der Optimierung von bereits vorhandenen Machine-Learning Ansätzen der KI mit Quantenalgorithmen. Denn KI-gestützte Optimierung kann mit dem Potenzial des Quantencomputings deutlich schneller präzisere Lösungen bieten.

Die Andersartigkeit der Informationsverarbeitung eines Quantencomputers gegenüber einem konventionellen Rechner gilt es hier allerdings auch für klassische KI-Algorithmen entsprechend in Quanten-KI-Algorithmen zu übersetzen. Damit können diese auf einem Quantencomputer ausgeführt oder gar völlig neu algorithmische Zugänge entwickelt werden.

 

Wie kann diese Andersartigkeit der Informationsverarbeitung eines Quantencomputers für bestimmte Technologieoptimierungen genutzt werden?

 

Axel Plinge:: Ziel ist die Verbesserung von Mobilfunkanwendungen z.B. in der Genauigkeit der Lokalisierung oder der Nutzung der geeigneten Frequenzen oder Methoden z.B. bei Sensor Fusion. In Mobilfunknetzen bietet die 5G- oder auch zukünftige 6G-Technologie neue Programmier- und Softwaremöglichkeiten, aber auch gleichzeitig neue Herausforderungen: So zum Beispiel bei Lokalisierungsmethoden mit Laufzeit- und Winkelmessung von Funksignalen. Insbesondere in Szenarien mit Abschattungen und Mehrwegeausbreitung sind die Randbedingungen für die Lokalisierung besonders anspruchsvoll. Hier ist die Verwendung von Mehr-Antennensystemen ein vielversprechender Ansatz.

In höheren Frequenzbereichen und verteilten Systemen sind viele Teilprobleme sehr komplex. Das gilt sowohl für die Messung, als auch die Konfiguration und ebenso für die Signalverarbeitung. Bisherige Lösungsverfahren sind wegen der Größe des Systems und der großen Zahl dynamischer Parameter sehr rechenintensiv und damit für zeitkritische Anwendungen nicht geeignet.

 

Ihr Team beschäftigt sich bei Optimierungen insbesondere mit dem Einsatz von Algorithmen für das Reinforcement Learning, d.h. dem Lernen in dynamischen Umgebungen. Wie wollen Sie hier den Quantencomputer einsetzen?

 

Axel Plinge:: Die zugrundeliegenden Optimierungsprobleme lassen sich im Vergleich zu üblichen Algorithmen mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz effizienter lösen. Unser Team betrachtet dabei selbstlernende KI-Methoden für dynamische Umgebungen, also vor allem Reinforcement Learning.

Reinforcement Learning ist automatisches Lernen aus Erfahrung in dynamischen Umgebungen. Hier interagiert ein adaptiver Entscheidungsalgorithmus, der Lernende KI-Agent, mit seiner Umgebung, welche das zu lösende Problem in geeigneter Weise repräsentiert. Durch ein problemspezifisches Belohnungssignal ist der Agent in der Lage, seine Entscheidungsstrategie so Schritt für Schritt zu verbessern.

Wie können wir uns diese KI-basierte Strategie etwas plastischer vorstellen?

 

Axel Plinge: Der Ein oder Andere kennt vielleicht den GO-Spielenden Computer oder die KI, die alte Computerspiele besser spielt, als je ein Mensch zuvor. Ich sage da immer ganz lapidar, wenn der KI-Agent im Simulator Milliarden von Stunden Formel-Eins-Fahren übt, fährt er danach besser als jeder Rennfahrer.

Es gibt bereits erste Ansätze für Quanten-Reinforcement-Learning. Aber bei vielen aktuellen Ansätzen sind die zu erwartenden Laufzeitbeschleunigungen moderat und die Anforderungen an existierende Quantenhardware typischerweise noch zu hoch.

Daher werden von uns auch hybride Quantenalgorithmen und Quantum-Machine-Learning-Ansätze erprobt. Aktuelle Quantenhardware ist durch wenige Qubits und hohe Fehlerraten bei der Algorithmen-ausführung charakterisiert. Mit hybriden Algorithmen, d.h. der Kombination aus KI/Machine Learning auf konventionelle Weise und dem Quantencomputing kann schon jetzt das Verbesserungspotential ausgelotet werden.

Welche Anwendungsfälle untersuchen Sie derzeit genau, in der die Kombination von KI/ML und Quantencomputing seine Trümpfe ausspielen kann?

 

Axel Plinge: Hier untersuchen wir diese Kombination im Einsatz von Anwendungen der 5G-Funktechnik und in automatisierten Industrieumgebungen. Mit unseren Industriepartnern geht es um die Optimierung in der Produktionsplanung, die auf Reinforcement Learning basierende Regelungs­optimierung in der Prozessindustrie, sowie den Einsatz verteilter Automatisierungssysteme in der Smart Factory.

Konkretes Beispiel aus der Produktionsplanung ist hier die Echtzeit-Festlegung der Herstellungs­reihen­folge, wie etwa die Reihenfolge der Lackierung von fertigen Autos im Hinblick auf die eingehenden Bestellungen.

Die Regelungsoptimierung kann man sich so vorstellen, dass der KI-Agent im laufenden Betrieb einer Anlage an allen Stellschrauben mit-dreht. Anwendungsbeispiele reichen von der Ölbohrplattform bis zur Produktion von Erdnussflips. Das Konzept der Smart Factory greift hier sehr weit, da verschiedene Produkte auf Kundenwünsche zugeschnitten optimal gefertigt werden sollen.

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