13. März 2019
Wer kennt es nicht? Ein schwacher Akkustand, eine schlechte Netzverbindung oder lahme Downloadgeschwindigkeiten machen das Smartphone manchmal unbrauchbar. Das wirft durchaus die Frage auf: Wie soll die drahtlose Vernetzung dann eigentlich bei weitaus sensibleren Anwendungen wie der Maschinensteuerung und dem autonomen Fahren funktionieren, wenn der Mobilfunk bereits hier an seine Grenzen stößt?
Mit 5G kommt ein Mobilfunkstandard, der mehr kann: ein globaler Kommunikationsstandard mit sehr hoher Zuverlässigkeit und sehr niedriger Latenz, um sicherheitskritische Anwendungen wie autonomes Fahren zu ermöglichen. Äußerst energiesparend, sodass Sensorknoten über Jahre mit ein und derselben Batterie auskommen. So schnell, dass damit Maschinen in Echtzeit gesteuert werden können, und so genau, dass man vernetzte Objekte jederzeit präzise orten kann.
An der Realisierung von 5G wird bereits unter Hochdruck gearbeitet, vor allem im Standardi- sierungsgremium 3GPP (3rd Generation Partnership Project). Dort laufen alle Fäden hinsichtlich Definition und Verabschiedung des 5G-Standards zusammen. In technischen Gremien – den sogenannten Working Groups – wird zusammen mit verschiedenen Unternehmen und For- schungsinstitutionen über die Ausgestaltung einzelner Aspekte der 5G-Spezifikationen beraten.
Unsere Experten aus den Forschungsbereichen »Kommunikationssysteme« und »Lokalisierung und Vernetzung« sind hier aktiv an der Entstehung des Standards beteiligt. Sei es in Form von technischen Beiträgen oder der Mitarbeit in den jeweiligen Arbeitsgruppen. Die im Rahmen des Standardisierungsprozesses erarbeiteten Lösungen fließen in den 5G-Standard ein, der in aufeinanderfolgenden Releases veröffentlicht wird. Eine erste Fassung des 5G-Standards (Release 15) wurde im Juni 2018 beschlossen. Nun laufen die Arbeiten an Release 16 und damit hat die zweite Phase der 5G-Standardisierung begonnen.
Die Beiträge zur Standardisierung von 5G basieren auf unserer Forschungs- und Entwicklungs- arbeit, die drahtlose Kommunikation schneller, zuverlässiger oder energiesparender sowie die Lokalisierung genauer zu machen. Hierbei arbeiten wir gut vernetzt mit verschiedenen vertikalen Industrien zusammen und kennen sowohl deren Anforderungen als auch die Fähigkeiten und Grenzen derzeitiger Technologien. Das Ergebnis sind technische Verfahren und Lösungskonzepte, die wir in Form von Vorschlägen in die Arbeitsgruppen von 3GPP einbringen können.
Unsere technischen Lösungen sind dabei auf verschiedene Anwendungsbereiche ausgerichtet: Für die mobile Breitbandkommunikation entwickeln wir beispielsweise Mehrantennensysteme und verteilte Antennen zur Erhöhung von Kapazität und Durchsatz. In den Bereichen Industrie 4.0 und vernetzte Mobilität stehen extrem kurze Verzögerungszeiten und genaue Lokalisierung und Positionierung im Fokus der Entwicklungsaktivitäten. Für die massive Vernetzung von Objekten im Internet der Dinge kommt es hingegen eher auf einen geringen Stromverbrauch, also besonders energieeffiziente Übertragungsverfahren, an. Außerdem arbeiten wir an Konzepten zur Integration von Satelliten in das Mobilfunknetz, was die lückenlose weltweite Netzabdeckung deutlich verbessern könnte.
Bei der Technologieentwicklung führen wir verschiedene Kompetenzen zusammen: Die Entwicklung von Kommunikations- und Lokalisierungstechnologien beginnt mit dem anwendungsorientierten Entwurf, in dem das funktionale Konzept einer Übertragungs- oder Lokalisierungslösung ausgearbeitet wird. Danach geht es an die praktische Realisierung. Sprich: Wir überführen die Lösungen sowohl software- als auch hardwareseitig in erste Prototypen, um zu erproben, ob die Technologien die angestrebte Leistungsfähigkeit erbringen. Dafür sind realitätsnahe Testumgebungen nötig, die hier am Institut entwickelt werden.
Testumgebungen sind ein gutes Stichwort für die Arbeiten, die auch nach der Veröffentlichung des 5G-Standards anstehen. Unternehmen müssen geplante Produkte und Anwendungen auf neueste Mobilfunktechnologien aufbauen, die von den bestehenden Mobilfunknetzen aber noch nicht unterstützt werden. Erste kommerzielle 5G-Netze werden zwar schon für 2020 erwartet, zwischen der Definition neuer 5G-Funktionen und der breiten Verfügbarkeit können aber durchaus drei bis vier Jahre liegen. In dieser Zeit ist das Erproben und Entwickeln zukunftsbeständiger Kommunikationsanwendungen ohne passende Testeinrichtungen nur schwer möglich.
Mit der Initiative »5G Bavaria« bieten wir Unternehmen und anderen Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, ihre 5G-Anwendungen im Vorfeld zu testen. Im Testzentrum am Fraunhofer IIS in Erlangen kümmern wir uns zum Beispiel um die Entwicklung, Pflege und Bereitstellung von Testumgebungen für Simulationen im Labor. Mit der Einrichtung sogenannter Testbeds ent- stehen außerdem anwendungsspezifische Testumgebungen wie beispielsweise für Industrie- 4.0-Anwendungen in Nürnberg. Sie beziehen die reale Infrastruktur mit ein, um erste 5G-Anwendungen im kleinen Maßstab zu realisieren – damit 5G möglichst bald in Gebäude, Fabriken und Fahrzeuge einziehen kann.