Spiking Neural Networks

Pulsende Neuronen mit Zeitgefühl

Mit Spiking Neural Networks (SNNs) wird Künstliche Intelligenz dem menschlichen Gehirn noch ähnlicher. Im Gegensatz zu herkömmlichen künstlichen neuronalen Netzen, in denen kontinuierlich Signale ausgetauscht werden, übertragen SNNs nur die relevanten Daten in Form von kurzen elektrischen Pulsen. Wie ihre biologischen Vorbilder haben die künstlichen Neuronen ein eigenes Zeitgefühl: Sie werden erst aktiv, wenn eine kritische Schwelle an Signalen überschritten wird. 

Während klassische KI-Modelle immer mehr Rechenkapazitäten beanspruchen, lösen Spiking Neural Networks das Spannungsfeld zwischen Energieeffizienz und Echtzeitfähigkeit auf. Ihre Struktur erlaubt es, selbst massive Datenmengen stromsparend und schnell zu verarbeiten, ohne dabei an Leistung zu verlieren. SNNs spielen ihre Stärken vor allem aus, wenn Künstliche Intelligenz direkt in Endgeräte integriert werden soll.

Wir wollen SNNs zum Durchbruch verhelfen und in die Praxis bringen. Daher erforschen wir nicht nur ihre Topologie, sondern entwickeln obendrein maßgeschneiderte Hardware-Designs für Ultra-Low-Power- und Ultra-Low-Latency-Anwendungen. 

Spiking Neural Networks – eine Technologie mit klaren Vorteilen

Energieeffizienz

 

Die Kommunikation zwischen künstlichen Neuronen ist enorm energieintensiv. Insbesondere die fortlaufende und getaktete Übertragung von Datenpaketen sorgt in großen neuronalen Netzen für erhebliche Effizienzverluste. Spiking Neural Networks lösen dieses Problem durch asynchrone Pulse, die den Informationsaustausch auf das Nötigste beschränken – und reduzieren den Stromverbrauch damit deutlich. 

Latenz

 

Mikroprozessoren basieren auf der Von-Neumann-Architektur, bei der Datenverarbeitung und Datenspeicherung strikt getrennt sind. Dadurch entsteht jedoch ein zusätzlicher Kommunikationsaufwand, der Latenzen verursacht. Die Neuronen in SNNs hingegen können Informationen nicht nur verarbeiten, sondern auch über die Zeit hinweg an dem Ort abspeichern, wo sie gebraucht werden. Dies löst den Flaschenhals, verringert die Latenzen und ermöglicht eine hohe Verarbeitungsrate, die primär für Echtzeitanwendungen unerlässlich ist. 

Robustheit

 

Neuronale Netze sind oft Störungen oder feindlichen Angriffen ausgesetzt. Bereits kleine Abweichungen im Eingangssignal können grundlegend andere Ausgangssignale erzeugen. SNNs spannen dagegen einen Schutzschirm auf: Da die Weiterleitung der Pulse auf statistischen Mustern basiert, ist der exakte Zeitpunkt, zu dem ein Signal eintrifft, irrelevant. Das Einflusspotenzial einzelner Fehler verringert sich und die Zuverlässigkeit des neuronalen Netzes wird deutlich erhöht.  

Unser SNN-Portfolio im Überblick

Wir unterstützen Unternehmen, die SNNs in ihren eigenen Produkten einsetzen möchten. Dabei begleiten wir Sie bei allen Fragen rund um das komplexe Thema Spiking Neural Networks und entwickeln Soft- und Hardware-Lösungen, die optimal auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.

  • Beratung und individualisierte Schulung
  • Machbarkeits- und Technologiestudien
  • FuE-Projekte
  • Bereitstellung von Simulations-, Visualisierungs- und Trainingstools
  • IP-Lizenzierung von Hardware-IP-Cores

Spiking Neural Networks bringen den ausschlaggebenden Mehrwert

Während in der Bilderkennung und -analyse derzeit Deep Neural Networks noch die Nase vorn haben, trumpfen SNNs im Bereich der Zeitreihen-Analysen auf. Diese entstehen überall dort, wo Sensordaten ausgewertet werden – und machen SNNs zu einem Werkzeug, das in unterschiedlichsten Anwendungsszenarien zum Einsatz kommt. 

Kommunikationssysteme

 

In mobilen und drahtlosen Kommunikationssystemen kommt es auf Geschwindigkeit, Energieeffizienz und Robustheit an – ein Anforderungsprofil, das SNNs ideal erfüllen. Sie können Signale effizient filtern und verarbeiten sowie deren Qualität durch Rauschunterdrückung verbessern. Zudem unterstützen sie adaptive Modulations- und Codierungsschemata, mit denen die Übertragungseffizienz weiter optimiert werden kann. 

Geschlossene Regelungssysteme

 

Motorbewegungen sollen exakt und zuverlässig steuerbar sein. Dazu müssen die Sensor- und Steuerdaten in den Motorkontrollsystemen in Echtzeit verarbeitet werden. SNNs können adaptive Regelungsalgorithmen implementieren, die sich jederzeit an wechselnde Bedingungen anpassen. Davon profitiert etwa die Automobilbranche, die dadurch die Effizienz und Leistung der entwickelten Motoren optimieren kann.  

Robotik

 

Roboter, die autonome Entscheidungen treffen sollen, müssen plötzliche Veränderungen in ihrer Umgebungssituation sofort wahrnehmen und darauf reagieren können. Mit SNNs lassen sich die Daten aus den Sensoren und Aktoren in Echtzeit auswerten. Ein Beispiel hierfür sind Roboter, die mit eventbasierten Kameras ausgestattet sind, die nach ähnlichen Prinzipien wie die menschliche Retina arbeiten.

Radarsysteme

 

In Radarsystemen dreht sich alles um die Detektion und Analyse von Objekten. Damit dies leistungsstark und präzise erfolgen kann, unterstützen SNNs die Vorverarbeitung und Filterung der empfangenen Signale, die Zielerkennung und -verfolgung sowie die Klassifizierung von Objekten auf Basis von Radar-Signaturen. Mit ihrer Energieeffizienz und Geschwindigkeit eignet sich die pulsbasierte Kommunikation vor allem für mobile und echtzeitfähige Radaranwendungen. 

Gesundheitswesen

 

Bei der Diagnose von Krankheiten zählt manchmal jede Sekunde. Mithilfe von SNNs können medizinische Daten schnell erfasst und analysiert werden. Zu ihren Einsatzgebieten im Gesundheitswesen gehören beispielsweise das Elektroenzephalogramm (EEG) oder Elektrokardiogramm (EKG). Zudem können die neuronalen Netze in tragbare Gesundheitsgeräte implementiert werden, um biometrische Daten kontinuierlich zu überwachen und Anomalien frühzeitig zu identifizieren. 

Referenzprojekte

  • DSAI – Zentrum für Digitale Signalverarbeitung mittels Künstlicher Intelligenz

    Laufzeit: 1.10.2020 – 30.9.2025
    Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

    Hauptziel des Projekts ist es, Technologien im Bereich der digitalen Signalverarbeitung mittels Künstlicher Intelligenz zu erforschen. Dabei stützt sich das DSAI auf die Kombination von neuen KI-Techniken mit dem bereits vorhandenen Wissen über Signalverarbeitung und erfolgreichem Transfer in die Anwendung.

    Das DSAI adressiert die drei wirtschaftlich bedeutenden Themenfelder, in denen das Fraunhofer IIS seine Kernkompetenzen hat: maschinelles Sehen (Computer Vision), Sprachsignalverarbeitung und Signalverarbeitung für die Datenübertragung. Ein Arbeitsschwerpunkt liegt darauf, Spiking Neural Networks für eine effiziente Signalverarbeitung und -übertragung einzusetzen. Im Rahmen des Projekts wurden Tools für die Simulation und das Training von SNNs sowie Netzen für die Anwendung pulsbasierter Kommunikation entwickelt.

  • MANOLO – Vertrauenswürdige und effiziente KI für Cloud-Edge-Computing

    Laufzeit: 1.1.2024 – 31.12.2026 
    Konsortium: 2 Partner aus Deutschland, 16 weitere europäische Partner 
    Finanzierung: Rahmenprogramm Horizont Europa der Europäischen Union
    Projektwebseite: https://manolo-project.eu/

    Im Projekt MANOLO wird ein komplettes Paket vertrauenswürdiger Algorithmen und Tools einwickelt, das die Effizienz und Performance von KI-Systemen verbessert. Im Fokus stehen das energieeffiziente Training der KI-Modelle mit qualitätsgeprüften Daten sowie das Ausführen ressourcenschonender KI-Modelle auf einem breiten Spektrum von Geräten für den Einsatz an der Edge bis zur Cloud.

    Das Fraunhofer IIS konzentriert sich im Projekt darauf, KI-Anwendungen an die Edge zu bringen. Dafür werden Algorithmen und Tools entwickelt, die automatisiert nach geeigneten Neuronalen Netzen suchen und diese optimieren (Neural Architecture Search, NAS). Dabei erforscht das Fraunhofer IIS auch Methoden, um aus DNN-Modellen Spiking Neural Networks (SNN) zu erzeugen, was den Einsatz neuartiger neuromorpher Algorithmen vereinfacht.

  • NEUROKIT2E – Open-Source Deep-Learning-Plattform für Embedded Hardware und Europa

    Laufzeit: 1.6.2023 – 31.05.2026​
    Konsortium: Vier Partner aus Deutschland, 22 weitere aus Europa​
    Finanzierung: KDT Joint Undertaking Initiative der EU und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)​

    NEUROKIT2E verfolgt das Ziel, ein unabhängiges Open-Source-Framework für Edge-/Embedded-KI zu entwickeln, das eine internationale Gemeinschaft von Nutzern und eine Vielzahl von Anwendungsbereichen unterstützen kann. Dieses europäische Framework speziell für eingebettete KI soll mit bestehenden Frameworks kompatibel sein sowie die Entwicklung und Implementierung von KI-Anwendungen auf eingebetteter Hardware erleichtern.​

    Am Fraunhofer IIS werden dabei insbesondere Tools entwickelt, die das effiziente Mapping von Spiking Neural Networks auf embedded-Hardwarebeschleunigern erlauben.

  • SEC-Learn – Sensor-Edge-Cloud for Federated Learning

    Laufzeit: 1.7.2020 – 31.12.2024
    Konsortium: 11 Fraunhofer-Institute aus den Verbünden Mikroelektronik und IUK-Technologie
    Finanzierung: bis 2021: InnoPush Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF); ab 2022: Fraunhofer-Vorstandsprojekt

    Im Projekt SEC-Learn entsteht ein System von verteilten energiesparenden Edge Devices, die gemeinsam lernen, ein komplexes Problem der Signalverarbeitung durch maschinelles Lernen zu lösen. Der Fokus des Projekts liegt dabei zum einen auf der Entwicklung schneller, energie- und platzeffizienter Hardwarebeschleuniger für Spiking Neural Networks (SNN), zum anderen auf deren Verschaltung zu einem föderierten System, in dem jedes Gerät autonom agieren und lernen kann, seine Lernerfolge allerdings durch föderiertes Lernen mit allen anderen Geräten teilt.

    Dieses Konzept ermöglicht zahlreiche Anwendungen, vom autonomen Fahren bis hin zur Zustandsüberwachung, wo eine dezentrale Datenverarbeitung durch KI mit einem zentralen System zum Training verbunden werden muss – ohne dabei den Datenschutz zu verletzen oder exzessiven Stromverbrauch und Datenverkehr zu verursachen.

    Die im Projekt verwendeten Hardwarebeschleuniger entstehen dabei unter Koordination des Fraunhofer IIS in enger Kooperation mit dem Fraunhofer EMFT und dem Institutsteil EAS des Fraunhofer IIS. Dafür entwickelt das Fraunhofer IIS am Standort Erlangen neuromorphe mixed-signal Schaltungen für spezialisierte Neuronen- und Synapsenmodelle, die zugehörigen Softwaretools für hardware-aware Training und Simulation sowie eine skalierbare Chip-Architektur, die es in Zukunft ermöglichen soll, verschiedenste Anwendungsprobleme bedienen zu können.

    Mehr Informationen zum Projekt SEC-Learn

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