6G-Mobilfunk

Eine neue Dimension

Mit 6G bringen wir den Mobilfunk in eine neue Dimension. Während sich 4G dem Informationsaustausch zwischen Menschen widmete und 5G die Kommunikation zwischen Maschinen vorantrieb, zielt die kommende Generation darauf ab, Mensch und Maschine derart miteinander zu vernetzen, dass die Verschmelzung von physischer und virtueller Welt vollendet wird.

Damit öffnet der 6G-Mobilfunk die Tür für völlig neue Anwendungen und Geschäftsmodelle: von digitalen Zwillingen über Augmented und Extended Reality bis hin zu kollaborativen Robotern. Hierfür müssen reale Handlungen verzögerungsfrei in virtuelle Sphären gespiegelt werden. 6G setzt deshalb auf Geschwindigkeiten von mehreren hundert Gbit/s, noch geringere Latenzzeiten, universale Verfügbarkeit und eine höhere Energieeffizienz.

Kurzum: 6G verändert die technologischen Spielregeln. Deshalb haben wir mehrere Schlüsselthemen identifiziert, in denen wir Pionierarbeit leisten. So lässt sich das Zeitfenster zwischen Grundlagenforschung und der Entwicklung marktfähiger Produkte möglichst klein halten.

 

Ein Mobilfunk mit vielen Facetten

Auch wenn es bis zur Etablierung des nächsten Standards noch einige Jahre dauert, zeichnet sich bereits jetzt ab, wozu 6G fähig sein wird.

Künstliche Intelligenz

 

 

Immer komplexere und teils konträre Anforderungen verlangen vom Mobilfunk eine immer höhere Entscheidungsdynamik. Eine vielversprechende Lösung liegt in der einzigartigen Kombination von Funk und Künstlicher Intelligenz. Denn smarte 6G-Netze ermöglichen es, selbst größte Datenmengen unter unterschiedlichsten Bedingungen störungsfrei und effizient zu übertragen.

Hybride Funknetze

 

 

Die Zeiten, in denen nur Funkmasten das Bild des Mobilfunks geprägt haben, sind endgültig vorbei. Jetzt steigt der Funk auch in die Höhe. Dort wartet eine Reihe von Flugkörpern in Luft und Weltall, die ein engmaschiges hybrides Netz aus terrestrischen und nicht-terrestrischen Komponenten bilden, um die räumlichen Grenzen der drahtlosen Kommunikation zu überwinden.

Joint Communication and Sensing

 

Ein Mobilfunk mit eigenen Sinnen? Das könnte schon bald Realität werden. Denn 6G stattet die Kommunikation mit Radarfähigkeiten aus. So können Funksysteme ihr physisches Umfeld wahrnehmen und Objekte, Oberflächen und Bewegungen mithilfe reflektierter Strahlung automatisch detektieren.

Mehr Energieeffizienz

 

 

Mobilfunk und Nachhaltigkeit müssen kein Widerspruch sein. Trotz steigender Datenraten entwickelt sich 6G zum wahren Effizienzspezialisten, der den CO₂-Fußabdruck konsequent minimiert. Dafür sorgt eine breite Palette an Methoden und Werkzeugen, die eine stromsparende Wirkung entfalten. 

Neue Frequenzbereiche

 

 

Mehr Nutzer, mehr Durchsatz, mehr Services – all das verspricht der 6G-Standard. Doch mit einer weiteren Steigerung der Datenraten stoßen die Funksysteme zunehmend an ihre Grenzen. Für die nächste Generation werden daher völlig neue Frequenzbereiche erschlossen.

6G-Forschung macht’s möglich

3D-Netzwerke

Überall, jederzeit und allgegenwärtig – damit der Mobilfunk das Versprechen der universellen Verfügbarkeit einlösen kann, hat sich in den vergangenen Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Beschränkung auf die terrestrische Konnektivität nicht ausreichend ist. Die »Non-Terrestrial Networks« der fünften Mobilfunkgeneration, die Satelliten in die Kommunikationsinfrastruktur integrieren, werden mit 6G nochmals diversifiziert und um eine weitere Dimension erweitert. Mit Boden, Luft und Weltall fügen sich mehrere komplementäre Schichten zu 3D-Netzwerken zusammen, die zum Beispiel Drohnen, Flugzeuge oder High Altitude Plattformen (HAPS) zusätzlich zu den Satelliten in den Mobilfunk einbinden. Dies erhöht seine Resilienz gegenüber externen Einflüssen, allerdings wächst mit jeder zusätzlichen Schicht und jedem weiteren Element auch der Koordinationsbedarf.

Dieser Herausforderung begegnen wir auf unterschiedlichen Wegen. Um die Abläufe und Strukturen der hochdynamischen und komplexen 3D-Netze nachbilden zu können, haben wir einen 6G-fähigen System-Level-Simulator entwickelt, mit dem Potenziale und Grenzen in praxisrelevanten Szenarien evaluiert werden können. Außerdem gehen wir der Frage auf den Grund, wie terrestrische und nicht-terrestrische Funkübertragung in denselben Frequenzbereichen koexistieren kann, ohne sich dabei gegenseitig zu beeinträchtigen. Hier erarbeiten wir KI-Methoden und Simulationswerkzeuge, die in der Lage sind, das Zusammenspiel mehrerer Funksysteme zu harmonisieren. Zudem erforschen wir neue Wellenformen für 3D-Netzwerke, die derart energieeffizient sind, dass selbst kapazitätsbeschränkte Satelliten hohe Datenraten verarbeiten können.

Network Energy Savings

Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine der zentralen Menschheitsaufgaben des 21. Jahrhunderts. Das Pariser Klimaabkommen und der European Green Deal verpflichten Wirtschaft und Gesellschaft, bis spätestens 2050 CO₂-neutral zu werden – ein ambitioniertes Ziel, zu dem auch der Mobilfunk seinen Beitrag leisten muss. Zwar wird die drahtlose Kommunikation mit jeder Generation effizienter, allerdings läuft 6G Gefahr – wie bereits bei 5G – diese Vorteile wieder einzubüßen, da der Datenhunger und damit auch der Strombedarf in den 2030er-Jahren rasant wachsen werden. Folglich müssen flankierende Maßnahmen entwickelt werden, die das Datenvolumen vom Energieverbrauch entkoppeln. Die Formel lautet: Mehr Leistung, weniger Strom.

Die Dekarbonisierung des Mobilfunks gehört zu unseren Kernanliegen. Mit gezielten Methoden setzen wir dort an, wo besonders signifikante Effekte zu erwarten sind. Daher richten sich unsere Forschungsaktivitäten auf Basisstationen, die für über 70 Prozent des Energieverbrauchs der Netze verantwortlich sind. Der Schlüssel lautet Network Energy Savings: Bestimmte Komponenten der Basisstationen werden intelligent in unterschiedliche Wach- und Schlafzustände versetzt, sodass der Energieverbrauch in Abhängigkeit vom übertragenen Datenvolumen jederzeit reduziert werden kann, ohne die Nutzer zu beeinträchtigen. Um hierbei die wirkungsvollsten Methoden identifizieren, bewerten und verfeinern zu können, arbeiten wir an einem 6G-fähigen Simulator für Network Energy Savings.

Künstliche Intelligenz

Mit 6G entsteht ein stets verfügbares System, das in jeder Umgebung und jeder Situation den Zugang zu Edge und Cloud sicherstellt. Diese Hyperkonnektivität ist mit konventionellen Methoden kaum noch zu bewältigen – damit das massive Datenvolumen in Echtzeit und ohne Interferenzen koordiniert werden kann, sind autonom agierende Netze erforderlich. Die jüngsten Durchbrüche in der Künstlichen Intelligenz werden somit zum zentralen Treiber der sechsten Generation. Ein KI-fähiger Mobilfunk durchläuft selbstorganisierte und selbstoptimierte Lernprozesse, die das Netzwerk zu einer intelligenten Entscheidungsfindung und Problemlösung befähigen. Eine Herausforderung liegt jedoch darin, die KI-Methoden auf die spezifischen Bedingungen des kommenden Standards abzustimmen.

Mit unserer Forschung adressieren wir das Thema Ressourcenallokation. Dabei untersuchen wir, wie sich Funknetze mithilfe Künstlicher Intelligenz automatisch an veränderte Rahmenbedingungen und Bedarfslagen anpassen können, um die verfügbaren Bandbreiten dynamisch zu verteilen und etwaige Probleme zu antizipieren. Eine Machine-Learning-Methode, die besonders in unserem Fokus steht, ist das »Federated Learning«. Darunter versteht man das dezentrale Training neuronaler Netze direkt auf dem Endgerät. Lediglich die Ergebnisse werden an zentrale Server geschickt, sodass die Modelloptimierungen wiederum für alle verfügbar gemacht werden können. Um dieses Lernverfahren für 6G zu öffnen, konzipieren wir eine Federated-Learning-Simulation.

Industrielle Echtzeit-Kommunikation

Ein zentrales Versprechen, das der 6G-Standard erfüllen will, ist die Echtzeitfähigkeit mit extrem niedrigen Latenzen von unter 100 μs. Allerdings kann 6G diesen Trumpf nur dann ausspielen, wenn die Zuverlässigkeit des Datenflusses vollumfänglich gewährleistet wird, da jede fehlgeschlagene Übertragung die Latenz wieder erhöht. Vor allem missionskritische Anwendungen können sich keine Ausfälle oder Verzögerungen leisten, da dies erhebliche Produktionsverluste oder Sicherheitsrisiken nach sich ziehen würde. Die Herausforderung für den Mobilfunk liegt dabei im Umgang mit sogenannten »Blockages«, also physischen Hindernissen, die Signale reflektieren oder abschwächen und dadurch die Qualität der Übertragung massiv beeinträchtigen.

Echtzeit und Zuverlässigkeit gibt es bei uns nur im Doppelpack. Der Fokus liegt dabei auf Industriehallen: Wir erforschen Technologien, um zuverlässigen Echtzeitfunk auch inmitten von Metallwänden und Abschattungszonen für mobile Teilnehmer zu ermöglichen. Dazu gehört das schnelle dynamische Umrouten: Wird ein Hindernis erkannt, kann das Netzwerk eine automatische Umleitung einrichten und den Datenverkehr über einen alternativen Pfad schicken. Einen weiteren Schwerpunkt unserer Arbeit bilden Sub-Networks in Robotern und Maschinen. Mit »UWIN« entwickeln wir eine Funklösung, die auf eine verzögerungsfreie und stabile Kommunikation innerhalb solcher kleinen, lokalen Netzwerke spezialisiert ist. Zudem setzen wir darauf, Time-Sensitive Networking für 6G durchgängig nutzbar zu machen. Durch Priorisierung und Koordinierung wird garantiert, dass kritische Informationen stets zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ankommen.

V2X-Kommunikation

5G hat der vernetzten Mobilität den Weg bereitet, nun soll ihr 6G zum endgültigen Durchbruch verhelfen. Im Mittelpunkt steht die Transformation von Fahrzeugen zu intelligenten Kommunikationszentralen, die in der Lage sind, datengestützte Entscheidungen zu treffen. Dazu detektieren Fahrzeuge die Verkehrsdynamiken, replizieren diese in Form von virtuellen Abbildern und initiieren einen kontinuierlichen Informationsaustausch mit den anderen Verkehrselementen. Die extrem geringen 6G-Latenzen ermöglichen die Koordination der Verkehrsteilnehmer untereinander in Echtzeit, sodass auf plötzlich wechselnde, unvorhersehbare Situationen sofort reagiert werden kann. Dies verbessert die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss.

Essenzieller Baustein dieser V2X-Konnektivität ist die Sidelink-Technologie, die die Voraussetzung für die direkte Kommunikation zwischen Fahrzeugen schafft. Wir erforschen, wie sich Sidelink in höheren Frequenzbereichen umsetzen lässt und werden die zugrunde liegenden Konzepte zugleich weiterentwickeln. Eine Option ist die Verknüpfung mit dem Joint-Communication-and-Sensing-Ansatz. Hier untersuchen wir, inwiefern sich die Erfassung der Sensorik-Daten sowie die Weitergabe der daraus gewonnenen Informationen in demselben Funkkanal vereinen lassen. Außerdem arbeiten wir daran, die Fahrzeugkommunikation mithilfe Künstlicher Intelligenz zu optimieren. Ein solcher smarter Sidelink setzt auf lokale Lernprozesse im Fahrzeug, die das Datenvolumen reduzieren und den Datenschutz stärken.

Referenzprojekte zum 6G-Mobilfunk

  • 6G SENTINEL ist ein Fraunhofer-Leitprojekt. Mit ihren Leitprojekten setzt die Fraunhofer-Gesellschaft strategische Schwerpunkte, um konkrete Lösungen zum Nutzen für den Standort Deutschland zu entwickeln. Im Projekt 6G SENTINEL entwickeln fünf beteiligte Fraunhofer-Institute Schlüsseltechnologien für den kommenden 6G-Mobilfunkstandard.

    Das Fraunhofer IIS setzt dabei einen Schwerpunkt auf System-Level-Simulationen für hybride Netze der Zukunft, um die Integration von Satelliten in 6G-Mobilfunknetze umfassend zu erproben.

  • 6G-SKY – 6G for Connected Sky

    Im Projekt 6G-SKY werden Lösungen für die nächste Mobilfunkgeneration entwickelt, die am Boden und in der Luft für eine zuverlässige und robuste Vernetzung sorgen. 6G-SKY wird im Rahmen der europäischen Forschungsinitiative CELTIC-NEXT vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.

    Das Fraunhofer IIS leitet das deutsche Konsortium, entwickelt im Projekt System-Level-Simulationen für 6G weiter und ist an Technologiedemonstrationen für 6G-Funkstrecken über Satellit und für terrestrische 6G-Verbindungen beteiligt.

  • 6G-SHINE – SHort range extreme communication IN Entities

    Das Projekt 6G-SHINE zielt darauf ab, Technologiekomponenten für drahtlose Subnetzwerke zu entwickeln und für den künftigen 6G-Standard vorzubereiten. Dabei handelt es sich um hochgradig lokalisierte Funknetzwerke innerhalb von Maschinen. 

    Das Fraunhofer IIS setzt seinen Fokus auf die Makrodiversity der Subnetzwerke, insbesondere Mehrfrequenzkommunikation und kollaborativer Empfang, und erstellt dafür einen Proof of Concept.

  • USWA – Ultra scalable wireless access

    USWA adressiert die echtzeitfähige drahtlose Industriekommunikation, um den Umstieg von Kabel auf Funk zu beschleunigen. Dazu wird ein Mesh-Netzwerkdesign erforscht, das die spezifischen Bedingungen von Industrieumgebungen berücksichtigt und dadurch den verzögerungsfreien Übergang zwischen Funknetzen ermöglicht.

    Das Fraunhofer IIS führt Proof-of-Concept-Untersuchungen für Echtzeit-Mesh-Systeme durch, die die 6G-Anforderungen hinsichtlich hoher Zuverlässigkeit und geringer Latenz erfüllen. 

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