Grundlagen der industriellen Computertomographie (CT)

Was kann ich mit Computertomographie (CT) machen?

Die Röntgen-Computertomographie ist eine Technik, um die Dichteverteilung innerhalb eines Objekts in allen drei Raumrichtungen zu messen. Das Resultat ist ein sogenannter Volumendatensatz, mit dem der gemessenen Gegenstand vollständig erfasst wird. Innenliegende Details, wie zum Beispiel Fehler oder von außen unzugängliche Bauteile, werden unabhängig von der Umgebung mit hoher geometrischer Genauigkeit sichtbar gemacht.

Im Gegensatz dazu stehen die klassischen zweidimensionalen Röntgen-Durchstrahlungsbilder, in denen sich alle Materialien und Einzelheiten in einem Bild, das hinter dem Objekt aufgenommen wird, überlagern.

Was sind Möglichkeiten und Grenzen der CT?

Weil am Fraunhofer EZRT ein sehr breites Spektrum von Anlagen und dazugehörigen Röntenquellen zur Verfügung steht, können wir eine außerordentlich große Vielfalt an Objekten untersuchen. Das beginnt mit winzigen Proben von organischem Material, das mit weniger als 100 Nanometern Ortsauflösung abgebildet werden kann. Die Grenze nach oben liegt bei mehreren Metern, so dass wir auch Seefrachtcontainer, Abschnitte von Windkraftrotorblättern oder komplette Fahrzeuge mit Pixelgrößen unter 200 Mikrometern tomographieren können. Nur wenn die Objekte so groß sind, dass sie nicht mehr in die Anlage passen oder die Röntgenstrahlung so stark abschwächen, dass auf der Sensorseite kein Signal mehr ankommt, sind unseren Möglichkeiten Grenzen gesetzt.

© Fraunhofer IIS
XXL-Computertomographie eines gecrashten Fahrzeugs mit segmentierten Komponenten. Die unterschiedlichen Einfärbungen visualisieren die Abweichung von der Crashsimulation.

Was ist mittels CT einfach abbildbar und was ist schwierig?

© Fraunhofer IIS
3D-Visualisierung eines tomographierten Kunststoffbauteils.

Um die Volumenbilder berechnen zu können, muss während einer CT-Aufnahme eine Serie von Durchstrahlungsbildern aus möglichst vielen Blickrichtungen gemessen werden. Diese sollten idealerweise einen Winkelbereich von 360° umfassen, weil das Objekt  »von allen Seiten« durchleuchtet werden muss.

Am leichtesten kann das bei kompakten, also annäherungsweise kugelförmigen oder zylindrischen Objekten verwirklicht werden. Bei bestimmten Objektformen können sich jedoch Schwierigkeiten ergeben, etwa bei Platinen oder Faserverbundplatten, die nicht vollständig im Strahlenfeld gedreht werden können, ohne an die Röntgenquelle oder den bildgebenden Sensor anzustoßen.

Umso dichter das Material ist und umso größer das Objekt ist, desto höher muss die Röntgenintensität gewählt werden, um es noch durchdringen zu können. Zugleich kann die Belichtungszeit, die notwendig ist, um bei einer einzelnen Aufnahme ein ausreichendes Signal-Rausch-Verhältnis zu erzielen, ansteigen, so dass die Gesamtmessung entsprechend mehr Zeit beansprucht. Technische Metalle wie Kupfer, Molybdän, Blei oder Wolfram erfordern dementsprechend mehr Aufwand als leichte Materialien wie Aluminium, Holz, organische Werkstoffe oder kohlefaserverstärkte Kunststoffe. 

Um eingegrenzte Teilbereiche eines größeren Objekts wie etwa einer Autokarosserie zu tomographieren, werden Roboter eingesetzt, die den Sensor beziehungsweise die Röntgenröhre tragen. Die Roboter werden so programmiert, dass sie möglichst viele Durchstrahlungsbilder des interessierenden Teilbereichs aus unterschiedlichen Richtungen aufnehmen. Diese Technik erfordert eine präzise Abstimmung der Roboter untereinander sowie eine sorgfältige Planung des Messablaufs. 

Generell wird das Ergebnis einer computertomographischen Abbildung umso besser ausfallen, je vollständiger das Objekt erfasst werden kann, je schärfer, rauschfreier und kontrastreicher die Durchstrahlungsbilder ausfallen und je genauer die Geometrie des Messablaufs bekannt ist.

Was benötige ich, um CT in meinem Unternehmen einsetzen zu können?

Sie sollten sich im Vorfeld Gedanken über den Einsatzzweck und die häufigsten Aufgabenstellungen in Ihrem Unternehmen machen. Mit der bloßen Anschaffung einer CT-Anlage ist es nicht getan.

Weil bei der Computertomographie erhebliche Datenmengen anfallen, ist zusätzlich ein IT-System, d.h. (mehrere) Workstations mit hoher Rechenleistung und ein Archivierungskonzept erforderlich. Außerdem benötigen Sie geeignete Räumlichkeiten und müssen als Betreiber einer Anlage Strahlenschutzmaßnahmen treffen. Schlussendlich muss Personal zur Bedienung der Anlage eingeplant und geschult werden.    

Als Neueinsteiger sollten Sie sich zunächst mit der Technologie vertraut machen. Dafür sind von Experten Merkblätter und Richtlinien erstellt worden, es werden aber auch einschlägige Seminare angeboten.

Empfehlenswert ist das DGZfP Merkblatt D6 »Anforderungen und Rahmenbedingungen für den Einsatz der Röntgencomputertomographie in der Industrie« und die Blätter der Richtlinie VDI/VDE 2630 »Computertomographie in der dimensionellen Messtechnik«.

Auch das Fraunhofer EZRT bietet regelmäßig Kurse und Schulungen an.

Blaue Türen der Strahlenschutzkabinen am Fraunhofer EZRT
© Fraunhofer IIS/ Gerhard Hagen
Strahlenschutzkabinen am Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik

Wie gestaltet sich der Workflow?

Zentraler Teil der Datenaufnahme ist die Drehbewegung des Objekts in der Röntgenstrahlung. Daher ist wichtig, dass der Untersuchungsgegenstand fest auf dem Drehteller platziert wird. Wenn die Ortsauflösung ein paar Mikrometer oder weniger betragen soll, ist offenkundig, dass auch die geringsten Erschütterungen oder Verschiebungen des Objekts die Ergebnisse stark verschlechtern.

Wenn die Umhüllung keine stark abschirmenden Materialien enthält, tomographieren wir sie mühelos mit. Das Untersuchungsobjekt kann hinterher im Volumendatensatz »digital ausgepackt werden«.

Wenn das Objekt so auf dem Drehteller positioniert ist, dass es auch mehrere Stunden unverändert am selben Ort fixiert bleibt, werden die Türen der Strahlenschutzkabinen geschlossen und der Vorgang der Datenaufnahme gestartet. Nachdem die Rohdaten komplett aufgezeichnet wurden, wird die Strahlungsquelle ausgeschaltet und das Objekt kann die CT-Anlage wieder verlassen.

Eine spezielle Software berechnet aus den Durchstrahlungsbildern den Volumendatensatz. Je nach Notwendigkeit werden bei diesem Arbeitsschritt zudem Korrekturalgorithmen angewendet. Am Ende können die dreidimensionalen Bilder in einer geeigneten Bildbetrachtungssoftware angesehen und mit Hilfe einer Vielzahl von digitalen Werkzeugen ausgewertet werden.

Welche CT-Systeme existieren?

Verglichen mit der Medizin sind industrielle CT-Systeme deutlich vielfältiger und vielgestaltiger. Eine Einteilung der CT-Systeme erfolgt deshalb nach verschiedenen Kriterien, z. B. nach der verwendeten Röntgenquelle, dem Einsatzzweck oder der Aufnahmegeometrie, die mittels der sogenannten Trajektorie beschrieben wird. Unter einer Trajektorie versteht man dabei die relative Bewegung der Strahlenquelle im Bezug zum Objekt.

Das industrielle Standardkonzept ist die sog. Kreis-CT, bei der sich das Objekt im fächer- oder kegelförmigen Strahlungsfeld einer Röntgenquelle um 360 Grad dreht. Eine andere weit verbreitete Methode wird Helix-CT genannt, da hierbei das Quelle-Detektor-System eine schraubenförmige Bewegung (»Helix«) um das Objekt ausführt. Bei der industriellen CT macht das Objekt dabei lediglich die gleiche planare Drehbewegung wie bei der Kreis-CT, aber Quelle und Detektor werden währenddessen vertikal synchron verschoben, so dass die Helix resultiert. Im Unterschied dazu bewegt man in der medizinischen CT einen Menschen entlang einer horizontalen Drehachse, um die ein Gespann aus Röntgenröhre und Detektor rotieren, was ebenfalls zu einer schraubenförmigen Bahn der Strahlungsquelle um die untersuchte Person führt.

Manchmal schränkt die Objektausdehnung oder ein ungünstiges Aspektverhältnis des Untersuchungsgegenstands die Zugänglichkeit ein. Für diesen Fall, dass eine Kreis- oder Helix nicht machbar ist, wurden spezielle Methoden entwickelt. Bei der Region-of-Interest-CT (ROI-CT) wird nur ein Ausschnitt des Objektes tomographiert. Ist das Objekt nur aus einem eingeschränkten Winkelbereich zugänglich oder flächig ausgeprägt, eignet sich die Limited-Angle-CT bzw. Laminographie besser. Da sich das Objekt bei diesen Verfahren nicht komplett im Strahlengang befindet, gibt es Einschränkungen bzgl. der Bildqualität.
Bei der Roboter-CT hingegen können Trajektorien relativ frei abgefahren werden. Die bildgebenden Komponenten Röntgenquelle und -detektor werden durch kooperierende Roboter geführt.

Der Einsatzzweck bedingt unterschiedliche Anforderungen an das CT-System: Eine Inline-CT erfordert eine schnelle serienbegleitende Prüfung im Fertigungstakt mit typischerweise vollautomatischer Datenauswertung. Für dimensionelle Messaufgaben gelten erhöhte Anforderungen z.B. an das Manipulatorsystem. Bei den verfahrbaren Achsen spielt die Positioniergenauigkeit eine wesentliche Rolle. Je mehr verfahrbare Achsen ein CT-System hat, desto flexibler ist es für unterschiedliche Aufgabenstellungen einsetzbar.
  
Gängig ist auch eine Unterteilung in Abhängigkeit von der Brennfleckgröße nach Makro- (> 1mm), Mini- (0.1 - 1mm), Mikro- (1 mu - 100 mu) und Nanofokus-Röhren (< 1 mu). Spezialfälle sind Linearbeschleuniger mit Brennfleckgrößen von 0.5 - 3 mm.

Neutronentomographie funktioniert nach dem gleichen Prinzip, verwendet aber Neutronen statt Röntgenstrahlung. Da sie organische Materialien kontrastreich abbilden kann und Metalle leicht durchdringt, gilt sie als komplementäre Ergänzung  zur Röntgen-CT.

Welche Informationen werden bei der CT erzeugt?

Zunächst einmal wird bei jeder CT ein 3D-Volumendatensatz erzeugt, der ein dreidimensionales Abbild der Dichte des aufgenommenen Objekts darstellt. Dieser kann manuell mit geeigneter Software betrachtet und ausgewertet werden. Es gibt aber diverse softwarebasierte Auswertungen die auf einem solchen Volumen durchgeführt werden können. Beispiele hierfür sind:

  • Erkennung von Unregelmäßigkeiten (z. B. Defekte wie Poren und Lunker in Gussteilen)
  • Messtechnische Aufgabenstellungen (z. B. Soll-Ist-Vergleich, Wandstärkenbestimmungen)
  • Fasermerkmale in Faserverstärkten Kunststoffbauteilen
  • Morphologie von Komponenten

Am Ende einer Auswertung steht oft ein standardisierter Prüfbericht, der z. B. eine Aussage über Qualität und/der Maßhaltigkeit des untersuchten Objekts zusammenfasst. Dieser kann sowohl analog als auch digital vorliegen.

Methoden

 

Messdatenerfassung

Wir bieten Leistungen im Bereich von Design und Ausgestaltung objektangepasster und anwendungsspezifischer Software zur Erzeugung von Messdaten, die in nachgeschalteten Methoden zu optimalen Prüfergebnissen führen.  

 

Korrekturverfahren und Datenverbesserung

Eine optimale Bildqualität kann durch Unzulänglichkeiten in Ihrem Röntgensystem gefährdet werden. Unsere Lösungen helfen dabei, bestmögliche Ergebnisse zu erlangen.

 

Rekonstruktion

Im Bereich der Röntgenbildgebung löst die 3D-Bilddatenerzeugung die Aufgabe, aus gemessenen zweidimensionalen Bildern einen Datensatz zu erzeugen, der Punkt für Punkt im dreidimensionalen Raum eine Eigenschaft des Materials widergibt.  

 

Röntgenbildverarbeitung

Wir verfügen über umfassende Kompetenzen auf dem Gebiet der Röntgenbildverarbeitung, mit der wir Objekte auf verschiedenste Unzulänglichkeiten, die beispielsweise im Rahmen der Produktion entstehen, prüfen können.